Es ist offensichtlich, dass man den Titel von “12 Crass Songs” nur leicht frisieren müsste, um daraus den besten Namen zu machen, den eine Aggro-Berlin-Platte tragen könnte. Weniger offensichtlich: An Jeffrey Lewis, der hartnäckig zur New Yorker Anti-Folk-Szene gerechnet wird und hier Songs der britischen Thatcher-Ära-Punks Crass covert, ist tatsächlich ein Rapper verloren gegangen. Kein Gangster natürlich, eher die Wanderbarden-Variante mit lockerer Zunge und Akustikgitarre, die seit Anfang der 90er in unregelmäßigen Abständen auch durch Beck Hansen vertreten wird. Aber trotzdem – was Lewis macht, ist Sprechgesang, fast als wollte er herausfinden, wie es klänge, wenn Lou Reed eine Rolle in einem Pixar-Film übernähme. Der Clou an “12 Crass Songs” ist nun, dass Lewis die kämpferischen bis radikalen, teilweise erschreckend tagesaktuellen Crass-Parolen mit seiner gleichgültigen Knödel-Stimme vorträgt und schon allein dadurch in einen völlig anderen, gelösteren, aber niemals albernen Kontext überführt. Nur die musikalische Umsetzung hält da leider nicht mit; Lewis bleibt bei akustischen Genügsamkeiten, bessert selten mit Streichern, E-Gitarre oder Akkordeon nach und verspielt die Chance, dem reizvollen Projekt einen angemessenen Rahmen zu geben. Hart, aber gescheit: Aus derart zornigen Sprechblasen hätte der passionierte Comiczeichner besser eine Bildergeschichte gemacht.
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