Und von der dann dermaßen viel auf dem zweiten Album der Australier, das jeder etwas für seine kleine Glückseligkeit finden dürfte. 13 Songs und ein Intro, Rocker und Balladen im ausgewogenen Gleichgewicht, das kannte man so schon. Aber was heißt “kennen” – das hat doch eh jeder erwartet. Im Fall von Jet ist es auch völlig legitim, Erwartungshaltungen zu erfüllen. Was soll die Band denn auch machen? Plötzlich mit Beats und Loops, mit Scratchings und Samples überraschen? Das ist doch “bloß” eine Retrorock-Band und als solche von vorneherein dazu verdammt, Geschichte zu zitieren. Die Beatles und die Kinks, die Stones und The Who. Bei Jet finden eben die ganz Großen Verwertung – und so klingen sie dann auch, nur eben 40 Jahre später. Sicher ist der Tribut an den Vater in Form des Titeltracks ein bisschen kitschig. Aber das gehört sich so. Dass Jet immer noch ordentlich Eier besitzen, beweisen direkt die ersten beiden Songs. Chris Cesters “Holiday” ist ein verdammter Glam-Stomper, die Single “Put Your Money Where Your Mouth Is” besitzt alles, was einen Hit ausmacht. Also, gar keine Diskussion vonnöten. Das Album ist überraschungsarm, aber toll.
Jan Schwarzkamp – 9
Okay, “Are you gonna be my Girl?” war ein klasse Song, aber hat inzwischen vermutlich mehr Radioeinsätze als alle The-Bands zusammen. Das kann anstrengen. Auch für “Get Born” gab es gelegentlich dort Tritte vors Schienbein, wo Traditionspflege nicht so hoch veranschlagt wurde wie bei den Australiern selbst. Als Antwort bietet “Shine On” ein herzliches so what? und das in der Psychologie so beliebte mehr davon. Mehr Rock, mehr Draufgängertum, mehr Platzhalter-Texte. Die Erwartungshaltung feiert sozusagen einen Auswärtssieg bei der Überraschung. Die 13,5 Songs verteilen sich dabei einmal mehr auf schnörkellose Rohrputzer mit verräterischen Titeln wie “Come On Come On” oder “Rip It Up” und auf hinterhältig Balladeskes wie das hübsche “King’s Horses”. Zwar geben sich Jet sowohl beim Songwriting, als auch in ihrem Instrumentarium gewohnt revierständig, aber durch “Shine On” weht trotzdem hie und da ein frisches Lüftchen. Verantwortlich dafür: ein Spotlight auf die sanfteren Momente und eine Produktion wie Lipgloss – Jet sind nach ihrem Ausflug ins 21. Jahrhundert schon wieder in den Achtzigern angekommen. In der Richtung geht momentan zwar einiges, aber wenn man denselben Sonnenuntergang wie Razorlight nimmt, darf man sich nicht wundern, dass man auf dem Highway nicht alleine ist, und auch nicht jeder Opel Kadett fährt. Als nächstes bitte einen Song über die “City Of Angels” und vielleicht irgendetwas Chromfarbenes auf dem Cover.
Markus Hockenbrink – 5