Mit der letzten Platte seiner Band hatte er einen da ja schon schüchtern an die Hand genommen – auf “Með Suð…” gab es Akustikgitarren und Echtzeitakkorde, ein Lied auf Englisch und eine allgemeine Verblumenkindlichung, die “Go” nun weiter vorantreibt. Englisch ist neue Amtssprache, in seiner persönlichen Klingonensprache Hopelandish singt Jónsi nur noch vereinzelt, und wer weiterhin glaubt, sich zwischen zwei songtragenden Ereignissen einen Kaffee kochen zu können, wird diesmal wirklich was verpassen.
Der springende Punkt ist ja auch: Das Koffein steckt jetzt in den Songs, die Fuchsigkeit, mit der “Go” vor allem zu Beginn um seine eigene Achse tänzelt, ist nicht nur ansteckend, sondern auch ein offensichtlicher Befreiungsschlag mit Blick auf die Hauptband, bei der ja doch noch immer ein Geigenbogen zur E-Gitarre gehört. Solo-Jónsi mutet sich nur im vorletzten Go-Song “Grow Till Tall” ein klassisches Sigur-Rós-Crescendo zu; davor und danach nimmt er viele vertraute Elemente mit, stellt sie aber in neue, geradlinigere Zusammenhänge, spielt alles zweimal so schnell wie bisher und freut sich über die vielen bunten Lichter, die plötzlich auf seinem Laptop-Display blinken. Flöten kommen dazu aus der Puste, Klavierakkorde verspäten sich wie in Radioheads “Pyramid Song”, und bis sich das herbeizitierte Mini-Orchester mit all seinen Streichern und Blechbläsern warmgespielt hat, hat Jónsi längst alles im Kasten, was er aufnehmen wollte. Konnte so keiner ahnen: Aus der pflichtbewussten Postrock-Salzsäule wird hier ein echter Popflitzer.
Artverwandte
Benni Hemm Hemm – “Benni Hemm Hemm”
Múm – “Sing Along To Songs You Dont Know”
Sigur Rós – “Með Suð Í Eyrum Við Spilum Endalaust”