Mit Blick aufs Cover könnte man also denken, man habe Jón Þór Birgisson den Kopf verdreht. So betrachtet, müssten die Hände unter anderem A.G. Cook gehören, der als Kopf des experimentellen Electronic-Labels PC Music bekannt ist und auf “Shiver” als Co-Produzent seine Finger im Spiel hatte. Die elf neuen Jónsi-Songs klingen jedenfalls nicht mehr so hakenschlagend und Post-Rock-poppig wie “Go”, sondern nach nachdenklichem Artpop und nur selten nach auf- oder übersprudelnder Elektronik. Über allem schwebt Jónsis Stimme, die die neue Ruhe mit den ersten gesungenen Worten in der eröffnenden elektronischen Ballade heraufbeschwört: “Breathe in/ Breathe out/ Learn to let go”. Noch schöner wird es im Duett mit Liz Fraser von Cocteau Twins, die in “Cannibal” zu ähnlich ruhigen Tönen mitsingt. Mit dem folgenden “Wildeye” durchbricht erstmals berstende Elektronik phasenweise den ambienten Artpop von “Shiver”. Die ersten stampfenden Beats erklingen im überdrehten, eklig elektronischen Pop-Song “Salt Licorice” mit Sängerin Robyn. “Grenade”, eine mäandernde Ballade, unter deren Synthesizer-Oberfläche ein Klavier spielt, ist der einzige Song, der abgesehen von Birgissons Stimme an Sigur Rós erinnert – das vorletzte Stück bekräftigt noch einmal: In der nicht immer vorherrschenden Ruhe liegt die Kraft von “Shiver”.