Ein Faible für bedeutungsschwanger klingende, aber eigentlich betont offen formulierte Titel hatten Kaptain Kaizen schon immer. Nach “Ausgeliehen für immer” und “Einatmen, Ausatmen” treibt “Alles und Nichts” das Prinzip der multiplen Ausdeutungsmöglichkeiten auf die Spitze. Zum Glück agiert das dritte Album der Saarländer wesentlich konkreter, als sein Name es vermuten lässt. Das liegt vor allem an der sehr stringenten musikalischen Vision der Platte, die “Alles und Nichts” zu einem funktionierenden Gesamtkunstwerk ohne große Ausreißer macht. Kaptain Kaizen wetzen durchgängig rasant durch ihre ruhelosen Songs, die Einflüsse deutscher Post-Punk-Bands wie Love A sind unverkennbar. Die Band verfällt dabei immer in angenehm tönende Momente der Hyperaktivität, so etwa im herrlich zappeligen Grundriff von “4.000 Mark”, das ohne Pause weiter rädert und erst ganz zum Schluss zum Punkt kommt. In kleinen Schüben der Extravaganz lassen Kaptain Kaizen den Blick auch gen Post-Hardcore schweifen und öffnen ihren trockenen Grundduktus sphärischen Reverb-Effekten, was etwa in “Messer” zu einem klangvollen Finale außerhalb der Norm führt. Das ist alles wenig originell, aber grundsolide. Entscheidend ist am Ende sowieso nur, dass sich das Quartett textlich gegen die spießbürgerliche Sorglosigkeit, neu aufkeimenden Rechtspopulismus und ungeniert offen agierenden Faschismus auflehnt. Das System Punk ist eben seit jeher eines mit unkaputtbarem Fundament.
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Für 3 Minuten 11
VÖ: 04.10.2024