In den ersten Jahren ihrer Karriere wurde sie als von David Gilmour gefördertes Genie durch den Medienzirkus gehetzt; sogar einen Nippel-Eklat gab es. Doch Bush lernte ihre Lektionen. Mit jeder Platte in den 80ern emanzipierte sie sich weiter von den Zwängen der Branche. Sie spielte keine Konzerte mehr und brachte Alben nur noch heraus, wenn sie es wollte, einmal lagen zwölf Jahre zwischen zwei Platten. Daher ist 2011 ein Festjahr für die Fans: Zwei Platten innerhalb weniger Monate, was ist denn da los? Man muss einschränken: Der “Directors Cut” im Mai war eine höchst seltsame Sammlung, für die Bush ausgewählte Songs zweier Alben noch einmal aufnahm. Viel Arbeit, wenig Ertrag. “50 Words For Snow” enthält nun sieben neue Lieder, und die mussten raus, solange es noch Winter ist, denn die Jahreszeiten hat selbst Bush nicht im Griff. Ihre Lieder wiederum schon. Es gibt hier keinen Pinselstrich, der da nicht hingehört. Diese Musik ist perfekt wie ein Eiskristall – und allemal zeitloser: Zehn bis 13 Minuten dauern die ersten drei Kompositionen jeweils. Wie ihr es gelingt, diese Suiten so kurzweilig zu halten, weiß der Himmel. Nachfragen könnte man bei Joanna Newsom, der hat sie es verraten. Die besten Momente auf “50 Words For Snow” klingen pastoral, beinahe museal. Sohn Bertie gibt eine Sternflocke, Tenöre läuten die Geschichte über einen Spuk am Lake Tahoe ein, Schauspieler und Schriftsteller Stephen Fry liest 50 Wörter für Schnee vor, die Kate Bush erfunden hat. Auch Elton John ist zu hören – und übertreibt es nur ein wenig mit seiner Knödelei. Keine Popplatte in diesem Jahr steht der Kunst so nahe. Ab in den Tiefschnee.