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    Kettcar
    Sylt

    VÖ: 18.04.2008 | Label: Grand Hotel van Cleef/Indigo
    Text: Jens Mayer
    Kettcar - Sylt

    Wenn “Sylt” etwas nicht ist, dann eine Wohlfühl-Platte. Vielmehr ist das dritte Kettcar-Album das dunkelste und widerspenstigste der bisherigen Bandgeschichte.

    Und wenn man sich vor Augen hält, welche Breitenwirkung die Hamburger mit “Von Spatzen und Tauben, Dächern und Händen” erzielten (sogar in den Tagesthemen fand man Erwähnung), dann ist ihnen das umso höher anzurechnen. Sie hätten es sich viel einfacher machen können. Hätten ein paar coole Kumpelsongs aufnehmen können, bei denen man Arm in Arm bierselig von Landungsbrücken und schnöseligen New-Economy-Spacken singt. Oder zärtliche Liebeslieder für den Kloß im Hals. Vielleicht werden sie sogar eine nicht unerhebliche Zahl an Anhängern verlieren, die dann jetzt doch lieber auf der coolen Elektro-Indie-Party abfeiern oder ihr Innerstes mit den Zeilen “Ich kriege nie genug, vom Leben” besser repräsentiert sehen. “Kein Schulterklopfen (gegen den Trend)” nannten Rantanplan, die Band in der Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff vor Kettcar zusammenspielten, ihr Debütalbum. Und wenn sie damals, ob mit Rantanplan oder noch mehr mit …But Alive immer wieder die ultrakorrekte linksautonome Szene und Punk-Polizisten vor den Kopf stießen, wiederholt sich das nun auf weiterer Ebene. Sie wollen sich nicht einspannen lassen, das ist nicht ihr Ding. Kettcar wollen mehr. Sie analysieren treffend die Welt um uns herum, wissen aber auch, dass sich niemand von den Entwicklungen ausschließen kann. “Ich bin einer von ihnen”, heißt es in “Graceland”, und anschließend “das macht weiter nichts, nur man muss es halt wissen”. Eine wache Beobachtungsgabe und damit verbundene Erkenntnisse werden treffend formuliert, was sicher schmerzhafter ist als ein Zeigefinger zum Selbstschutz. So sind sie: schonungslos ehrlich, aber nicht verbittert. So ist das Album: dunkel, traurig, aber nie hoffnungslos. Wenn im Duett mit Niels Frevert zwei Freunde “Am Tisch” bemerken, wie sehr sie sich von einender entfernt haben, dann entsteht daraus einer der besten und berührendsten Kettcar-Songs. Die Trilogie “Verraten”, “Dunkel” und “Würde” steht dieser Intensität in nichts nach, auch wenn Wiebusch die Texte dabei manchmal so nuschelt, dass man fast von Verweigerung sprechen möchte. Keine Sorge, ganz ohne Hits kommt “Sylt” nicht aus (“Graceland”, “Kein Außen mehr”, “Geringfügig, befristet, raus”), aber groß wird dieses Album durch die unscheinbar wirkenden Stücke, die dauerhaft am Magen nagen.

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