Kid Cudi
Man On The Moon II: The Legend Of Mr. Rager
Text: Daniel Gerhardt
Seine zweite Platte kommt deshalb zu einem ungünstigen Zeitpunkt, ausgerechnet jetzt, wo West mit My Beautiful Dark Twisted Fantasy gerade das Regelbuch des erfolgsinteressierten HipHop umgeschrieben hat. Die Wahrheit ist aber: Cudi war eine der treibenden Kräfte hinter Wests experimentellem, trostlosen 808s & Heartbreak, sein Einfluss ist auch auf Fantasy nicht zu überhören, und West weiß ohnehin, dass Kid Cudi der größte Künstler der Gegenwart ist.
Der Mann muss also wissen, was er macht, auch wenn seine Texte auf Man On The Moon II ein orientierungsloses Bild von ihm zeichnen, das ihn zwischen unverbesserlicher Koksnase und verwundetem Partylöwen einordnet. Die zugehörigen Gesten wirken häufig leer, als wollte Cudi nicht wirklich drüber rappen, hielte es aber für seine Pflicht, was schade ist, weil seine Beats voller wohlüberlegter Leerstellen das Talent eines natürlichen Musikers andeuten, der eigentlich zu clever für solche Eitelkeiten sein sollte. Maniac samplet The Strangers von Sufjan-Stevens-Freundin St. Vincent und wickelt sich bereitwillig ein in dessen Merkwürdigkeit, und das rollende Schlagzeug aus The End hätte auch auf einem der ersten zwei Portishead-Alben scheppern können.
Der Überblick und die Querverweise reichen also weit hier, aber das Potential, das daraus entsteht, schöpft Kid Cudi nicht aus. Ihm fehlt entweder der allumfassende Größenwahnsinn von West oder der allgemeine Wahnsinn von Lil Wayne – wenn man mit allen drei hoffnungslos high im gleichen Raum stünde, würde man jedenfalls nicht zuerst seine Hand schütteln wollen.