King Gizzard & The Lizard Wizard
Infest The Rats' Nest
Text: Jan Schwarzkamp
King Gizzard fatalistisch können, deuteten sie bereits mit ihrer Sci-Fi-Odyssee “Murder Of The Universe” an, einem der fünf Alben, die sie 2017 veröffentlichten. In – unter anderem – düsteren Doom-Riffs wurde da ein blutiges Szenario um den “Balrog”, den “Lord Of Lightning” und einen sich zu Tode kotzenden Cyborg entworfen. Am letzten Tag ebenjenes Jahres erschien dann noch “Gumboot Soup”, ein Album ohne übergeordnetes Sound- oder Story-Konzept, dafür mit einem monumentalen Brecher namens “The Great Chain Of Being”. Ein Song, der so mancher Doom-Metal-Band mit seiner Bedrohlichkeit das Fürchten lehrte. Vielleicht hatten King Gizzard Bock, an genau dieser Stelle in ihrem stetig wachsenden Song-Katalog noch einmal einzusteigen, vielleicht hatten sie einfach nur Bock auf Radau. Den gibt es nun in Perfektion auf “Infest The Rats’ Nest”.
Ihr 15. Album ist der Beweis dafür, dass die unendlich kreative Band aus Melbourne scheinbar alles beherrscht. Nach Psych, Prog, Garage, Surf, Country, Boogie, Folk und Analog-Elektronik nun also Metal, vor allem Thrash. Federführend für diese Stilübung ist nicht zum ersten Mal Mastermind Stu Mackenzie, der angibt, in der vierten Klasse von einem älteren Mitschüler mit Rammstein angefixt worden zu sein – was rasch dazu führte, dass Mackenzie Metallica, Slayer, Exodus, Overkill, Kreator und Sodom für sich entdeckte. Die deutschen Bands hatten es ihm vor allem angetan. “Später, als ich Gitarre lernte, stellte ich fest, dass der Scheiß zu schwer zu spielen war”, was ihn zu Rock’n’Roll und Garage brachte. Mittlerweile ist er offensichtlich talentiert und fingerfertig genug, um es mit dem 80s-Thrash-Erbe aufzunehmen.
Vom Septett zum Trio geschrumpft, übernehmen Mackenzie und Gitarrist Joey Walker alle Gitarren- und Bass-Parts, während Schlagzeuger Michael Cavanagh ohne seinen Counterpart Eric Moore auskommen muss. In dieser Minimalbesetzung destillieren sie eine Tour de Force aus Riffs, Blastbeats und bedrohlichen Texten – denn was in den 80ern die nukleare Bedrohung war, das ist heute das ökologische Desaster. Perfekt auf den Punkt bringen das die vorab veröffentlichten Backpfeifen “Planet B” und “Self-Immolate”. Doch keiner der sieben weiteren Songs fällt wirklich ab. Aus “Mars For The Rich” schimmert der Motörhead-Klassiker “No Class”, “Perihelion” könnte ein verlorener Track von “Age Of Winters” sein, dem großartigen Debüt von The Sword, inklusive “Spiel mir das Lied vom Tod”-Mundharmonika. Beim eingangs erwähnten “The Great Chain Of Being” setzt außerdem das mächtige “Superbug” an: ein Stoner-Doom-Gigant von einem Song, der die Genre-Ikonen Sleep mal eben infrage stellt. Derart trocken, kaltschnäuzig, rasant und druckvoll, trotzdem aber mit dem King-Gizzard-Fingerabdruck versehen, ist “Infest The Rats’ Nest” schon jetzt das Metal-Album des Jahres.
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