King Gizzard & The Lizard Wizard
Fishing For Fishies
Text: Dennis Drögemüller
Im Fünf-Alben-Jahr 2017 hatte jede neue Platte der hyperaktiven Aussie-Psychrocker um Mastermind Stu Mackenzie eine andere Facette ihres in der hypnotischen Wiederholung geerdeten Sounds betont, und auch “Fishing For Fishies” folgt schon beim Blick auf die Songtitel einem klaren Motiv: King Gizzard feiern manischen Boogie-Rock, der nicht nur mit seiner aufheulenden Mundharmonika in der Americana wurzelt. Den Einstieg besorgt die Band noch betont mild: Der geniale Titeltrack gibt sich mit klappernder Shuffle-Percussion, perlendem Gitarren-Fingerpicking und wolkiger Kopfstimme als fluffiger Bluegrass-Sommertagstraum, der seinen naiven Charme mit swingendem Walking Bass und “Lasst die Fische leben”-Text krönt.
Ab dem funky angezerrten Blues-Boogie “Boogieman Sam” lassen King Gizzard es dann rappeln, der Geist von Stevie Wonders “Innervisions” (1973) fährt in die Platte, die WahWah-Keyboard-Orgeln knistern, die Beine bewegen sich wie von allein. Das setzt sich mit dem folgenden “The Bird Song” fort, auch wenn der Song mit Klavier, Kontrabass, jazzigerem Grundton und Psych-Drift stärker in Richtung der Fusion-Momente von Herbie Hancock zieht. Im anschließenden “Plastic Boogie” explodieren King Gizzard: Im Hintergrund kreischt eine Bar-Belegschaft in Partylaune, während die Band sich in einen irrwitzigen 5/4-Disco-Boogie-Pumper hineinsteigert.
Nach dem US-lastigeren “The Cruel Millenial” beginnt dann die Transformation von “Fishing For Fishies”: Mit dem Psychrock als Vermittler weicht Song für Song die organische Vergangenheit von Jahrzehnten angloamerikanischer Musiktradition dem elektronischeren Beat der Zukunft – das Durchstreifen von musikalischen Landschaften, das es bei King Gizzard auch früher schon in Songs wie “Crumbling Castle” gab, prägt hier den Verlauf des ganzen Albums. “Real’s Not Real” changiert noch zwischen Jack White‘scher Synthie-Verzerrer-Wucht und Beatle-esken Erdbeerfeld-Träumen, in “This Thing” stampft der Boogie-Beat schon deutlich maschineller, “Acarine” pulsiert bereits zu Beginn elektrisch und blubbert bald in soften Techno hinüber – und mit dem finalen “Cyboogie” ist die hypnotisch groovende Herrschaft der Maschinen endgültig da, Vocoder-Effekt und Robo-Voices inklusive.
Das alles wäre in seiner unwahrscheinlichen Stimmigkeit schon großartig genug, King Gizzard legen aber auch inhaltlich zu: Der Text des Openers ist kein Zufall, die Zeilen kommen fast durchweg als moderne Öko-Hippie-Sehnsucht daher. Es geht in unaufdringlicher und versponnener Weise um Tierschutz und Bienensterben, digitale und analoge Entfremdung und gegen Plastikverpackungen und Ewiggestrige. Wenn dann der Roboter im “Cyboogie” seine Emotionen entdeckt und vor lauter Depression über den Umgang der Menschen mit ihrer Umwelt langsam den Song herunterfährt, möchte man niederknien vor dieser unverschämt talentierten Band.
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