Kings Of Leon
Can We Please Have Fun
Es gibt Dinge, die weiß man, wenn man sie einmal verstanden hat. Dazu gehört im Fall der Kings Of Leon auch das Erschaffen von Melodien, die tausende Konzertbesucher in ein singendes Lichtermeer verwandeln. Warum sollte man darauf also verzichten wollen? Trotzdem sehnt sich die Band aus Nashville offenbar nach dem rohen Schmiss ihrer Anfangstage und vereint auf ihrem neunten Album geschickt beide Welten.
Es beginnt mit “Ballerina Radio” zunächst zart hallend, mit einem Intro, das klingt wie ein schiefhängendes Glasperlenspiel im aufbrausenden Wind. Dazu bricht Sänger Caleb Followill eine Lanze für einen offenen Umgang mit Verletzlichkeit und verzichtet dazu passend auf dekadente Chöre. Das folgende “Rainbow Ball” versprüht die besungenen “good vibrations” ohne Rücksicht auf schlechte Laune – mitreißende Songs wie diesen schreiben Kings Of Leon mittlerweile wahrscheinlich im Schlaf.
Die eigentliche Magie entfaltet sich allerdings, wenn ein unscheinbarer Song plötzlich in eine unwiderstehliche Melodie ausbricht, an der man kleben bleibt, ob man will oder nicht. Das schafft “Nowhere To Run” schon in den ersten 30 Sekunden. Man spürt, wie die Existenzängste im Text von den vehement am Gesang zerrenden Gitarren eingefangen werden. Dass hier deutlich und mit voller Absicht die Vibes des Debütalbums zugrunde liegen, offenbaren dann vor allem “Mustang” und “Nothing To Do”, in denen Followills Stimme mehr jault und sich die Stimmbänder wieder unter der unmittelbaren Leidenschaft gen Limit dehnen, die weit über Mainstream-Bekömmlichkeit hinausreicht.
“Hesitation Generation” ist dann ein Beispiel für die kluge Verschmelzung der alten und neuen Kings Of Leon. Durch die Überschläge in Followills Stimme erinnert er wie schon in den eben genannten Songs an früher. Der große Bogen allerdings, der von der Bridge zum Refrain führt und dort in handzahmen Gitarrenmelodien badet, das sind dann die Kings Of Leon, deren Schriftzug an Stadioneingängen und von Billboards leuchtet – eine unwiderstehliche Mischung.
Der Ausfall auf diesem sehr guten Album soll allerdings nicht verschwiegen werden: Das abschließende “Seen” liefert ein schräges Ende, bei dem sich die Band verschätzt, was die schiefgewickelten Gitarren von früher an Pop-Extravaganz so aushalten können. Alles, was davor passiert, zeugt von einer reifen Band, die nicht vergessen hat, wo ihr musikalisches Feuer einst zu lodern begonnen hat.
Das steckt drin: The Libertines, The Shins, The Strokes
weitere Platten
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