Ob Indie- oder Großraumdisco: Durch “Mit K” und “In Schwarz” landeten die Chemnitzer als erste deutsche Rockband seit dem Beatsteaks-Doppelschlag “Living Targets” und “Smack Smash” eine Album-Combo, zu der man in jedem Club nahezu komplett durchtanzen konnte. Auch der “Keine Nacht für Niemand”-Opener “Band mit dem K” stürmt mit seinem abgehackten The Hives-Riff und zischelnden Becken schnurstracks auf den Dancefloor. Doch die gewohnt hibbelige Partyhymne entpuppt sich letztlich nur als vertrauter Startpunkt für den Weg zu neuen musikalischen Ufern, auf dem sich das Quintett mit der als erste Single ausgekoppelten Trennungs-Sinfonie “Dein Lied” lediglich einen einzigen, überambitionierten Fehltritt leistet. Davon abgesehen gelingt es Kraftklub ebenso überraschend wie überzeugend, das enge Korsett der eigenen Erfolgsformel zu lockern und dadurch auch in bislang undenkbare Klanggewänder zu schlüpfen. Etwa in der Ode an den erfolglosen Lieblingsverein “Fan von Dir”, die von einer Akustik- zur Powerballade mutiert – und vor allem beim aberwitzigen 80s-Medley “Sklave”, das nicht nur im Refrain den hypernervösen Synthpop von Dead Or Alive exhumiert, sondern auch noch Gesangslinienfragmente von DÖFs “Codo” sowie Bronski Beats “Smalltown Boy” klaut und obendrein den Ärzte-Klassiker “Bitte Bitte” zitiert. Dessen Autor Farin Urlaub steuert auch ein paar Vocals für das grandiose “Fenster” bei. In dieser pointierten Wutbürger-Schelte legt der sprechsingende Felix Brummer schnörkellos und ätzend ironisch den ausgestreckten Mittelfinger in die Wunde: “Du bist der Normale, alle andern sind Idioten/ All die Nachrichtenportale, die haben dich belogen/ Vertraue keinem einzigen Wort in keiner Zeitung/ Die haben ihre Fakten, aber du hast deine Meinung”. Auf “Keine Nacht für Niemand” brillieren Kraftklub aber nicht nur mit gewohnt treffsicheren Texten, sondern vor allem durch die gelungene Erweiterung ihres Soundspektrums: Die früher bereits mehrfach angedeutete Funkyness wird im luftig groovenden “Leben ruinieren” endlich konsequent und unfassbar eingängig mit einer röhrenden Gastsängerin zur vollen Entfaltung gebracht – und das mitreißend stampfende “Liebe zu Dritt” sorgt dank seines brachial bratzelnden Synthesizers dafür, dass eure Mädchen auch in diesem Sommer wieder enthemmt zu Kraftklub tanzen werden. Ganz gleich, ob nun in der Großraum- oder in der Indiedisco.
weitere Platten
Kargo
VÖ: 23.09.2022
Randale (Live)
VÖ: 20.11.2015
In Schwarz
VÖ: 12.09.2014
Mit K
VÖ: 20.01.2012
Adonis Maximus (EP)
VÖ: 24.10.2010