Pathos war der Essener Metal-Legende nie fremd – wer in der eigenen Band-URL das Wort “Terrorzone” stehen hat, pflegt eine gesunde Beziehung zur Genre-Folklore. Und auch die funkelnden NWOBHM-Gitarren mischen sich bereits seit dem Einstieg des finnischen Gitarristen Sami Yli-Sirniö im Jahr 2001 immer stärker ins Geschredder. Auf “Gods Of Violence” aber treiben Kreator beides ins Extrem: Album- und Songtitel, Texte, Sound – alles ein einziges großes Fäusterecken, ein Melodiesturm, ein dauerapokalyptisches Gewimmel wie auf einem Gemälde von Hieronymus Bosch. Schon im Intro “Apocalypticon” geben Kreator mit Kriegstrommeln, Fanfaren und Chören alles, um die Krieger-Herzen zu erobern, zerschneiden dann mit dem atemberaubenden Thrash-Inferno “World War Now” in Millisekunden und aus größtmöglicher Fallhöhe die Schlachtenromantik – und landen in dessen Mittelteil direkt wieder bei Half-Time-Kopfnicken. Dieses Wechselspiel zwischen rasender Thrash-Brutalität und hymnischem Heavy Metal wiederholt sich in allen Songs und unterscheidet “Gods Of Violence” von seinem Vorgänger: Auf “Phantom Antichrist” (2012) hatten Kreator das Gift der Platte mit melodischen Gitarren gesüßt, heute ist beides zu annähernd gleichen Teilen vermengt. Zudem herrscht eine Lust am Kitsch, die es so explizit bei Kreator noch nicht gab: Von den pompösen Trompeten in der Stampfer-Single “Satan Is Real” über das dramatische Sprech-Intro in “Death Becomes My Light” bis zu Songtiteln wie “Army Of Storms” oder “Lion With Eagle Wings” ist “Gods Of Violence” herrlich over the top. Mit dem teils auf Deutsch gesungenen “Fallen Brother” haben sich Kreator jene Art Waffenbrüder-Hymne geschrieben, wie sie etwa Iron Maiden mit “Blood Brothers” im Programm haben. Und bei Schlachtrufen wie “Hail To The Hordes” landet man gedanklich sofort bei 3 Inches Of Bloods “Destroy The Orcs” oder gleich Blind Guardian. Handwerklich ist all das zweifellos Thrash Metal, mit dem Kopf aber steckt die Platte bereits in den Power-Metal-Wolken. Nur ohne dessen Fremdscham-Potenzial: Bei Kreator wird es nie wirklich peinlich, nie verschwindet die Härte zu sehr. Stattdessen herrscht eine mitreißende, scheuklappenfreie Lust am Größenwahn und der Intensität des Metal. Und Zeilen wie “Side by side, as we crush homophobia” verdienen ohnehin Applaus. Das Schönste dabei: Egal, ob man Thrash-Tradition oder Hymnen schätzt, ob man ironisch Distanz hält oder jedes Klischee mitgeht – “Gods Of Violence” unterhält bestens.
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