Ähnlich wie HipHop ist Thrash Metal üblicherweise Jugend-Musik, genährt von adoleszenter Wut. Damit würdig zu altern, ist schwierig, entsprechend zehren die meisten etablierten Bands des Genres von ihren Großtaten aus den 80ern. Bei Kreator ist das anders: Sie sind die einzige Thrash-Band, die es geschafft hat, nach der Jahrtausendwende die Qualität ihrer Klassiker-Alben noch zu steigern und auf deren Konzerten mittlerweile sogar die Post-Millennium-Songs die Highlights sind. Sie sind nach wie vor in der Lage, eine Schippe drauf zu legen: Das Geheimnis ist, dass Kreator mehr und mehr ihre Wurzeln im klassischen Heavy Metal einbringen, ohne damit den Thrash zu verwässern, und dass sie es schaffen, trotz eines irren Perfektionismus bei Produktion und Arrangements, die Energie auf die Straße zu bringen und an den richtigen Stellen Genre-fremde Zutaten zuzulassen. Mit dem eröffnenden Titelsong fühlt man sich dabei als Fan gleich zu Hause – in Rhythmik und Struktur erinnert er stark an die Live-Abrissbirne “Hordes Of Chaos”, allerdings noch angriffslustiger und mit noch stärkeren Twin-Guitar-Harmonien ausgestattet. Mit “Killer Of Jesus” folgt ein weiterer Trademark-Thrasher, bevor “Crush The Tyrants” zähflüssig schleppend für Dynamik sorgt – der Song könnte sich als Kreators “Sad But True” erweisen. “Strongest Of The Strong” setzt den Reigen der Motivationshymnen fort und hat erneut alles, was Heavy Metal groß macht, beim folgenden “Become Immortal” wird vielleicht etwas zu sehr Nostalgie-Pathos bedient, aber ein herrlicher Manowar-Chor-Part gibt dem von klassischen Judas Priest-Riffs getriebenem Song eine angenehm selbstironische Note, die nichts an seiner Bühnentauglichkeit ändern wird. Beim rasanten “Conquer And Destroy” sorgt Drangsal mit einer Choral-Melodie für Kontrast, bei “Midnight Sun” steuert die Wave-Pop-Sängerin Sofia Portanet eine entrückte Gesangslinie bei, beim apokalyptischen Closer “Dying Planet” hört man flirrende Post-Black-Metal-Gitarren. Solche Details, noch effektiveres Songwriting mit noch klareren Refrains, der wahnsinnig massive und trotzdem natürliche
Sound und auch der hochkompetente neue Bassist Frédéric Leclercq, der im Mix angenehm präsent ist, machen das etwas unelegant betitelte Album zum komplettesten im reichhaltigen Backkatalog der Band. Die größte Kunst ist aber, alles völlig unangestrengt wirken zu lassen. Die beste Thrash-Band der Welt kommt aus Essen.
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