Das muss man sich erst mal trauen: sein erstes Soloalbum bis auf ein selbst geschriebenes Lied ausschließlich mit Coversongs zu bestücken. Und dann auch noch mit solchen Songs: “My Generation”, “Highway To Hell”, “Last Night A DJ Saved My Life”, “A Walk In The Park”, “Rockin In The Free World” – bedeutende, auch größtenteils ursprünglich mal schöne Songs, keine Frage. Aber eben auch solche, die den Hörer, sofern er alt genug ist, seit drei Jahrzehnten auf bald jeder Privat-, Schul-, Uni-, Ü30- und Junggesellenabschieds-Party sowie im Radio der Hits von gestern und heute zu Tode gequält haben. Kristof Schreuf, als Musiker mit Kolossale Jugend und Brüllen ein Grandaddy der Hamburger Indie-Ästhetik, als Autor jüngst hochdekoriert mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis, steht da völlig drüber. Er liebt diese Lieder, das spürt man. Denn er begegnet ihnen mit einer minutiös ausbalancierten Sehnsucht und Leidenschaft, als handele es sich um die wichtigsten Musikstücke der Welt.
Dazu braucht er seine Stimme, eine akustische Gitarre und ein paar dezente Hall- und Schleifgeräusche im Hintergrund. Und dann spielt und singt Schreuf mit überraschend zartem Crooner-Schmelz und gibt den Liedern einen völlig eigenen Twist, indem er Melodien und Texte vertauscht, eins von beiden dehnt oder umschreibt, neue Zusammenhänge erschafft und sofort danach wieder in völlig neue Gefilde abbiegt. Ein handgemachtes Bastard-Pop-Album also. Sogar für Studenten, die seit Jahren keinen Vorlesungssaal mehr von innen gesehen haben.
Artverwandte
Kolossale Jugend – “Heile Heile Boches”
Tom Liwa – “St. Amour”
Rio Reiser – “Rio I.”