In bin nicht gerade Ks Choice-Anhänger der ersten Stunde, eher im Gegenteil. Die Band stand für mich im Großen und Ganzen als Synonym für Langeweile made in Belgien, mit Ausnahme von zwei, drei Songs vielleicht. Mit Almost Happy ist den Bettens-Geschwistern und ihrer Band hier aber ein fein austariertes Album zwischen Folk und Pop gelungen. Straight gerockt wird eigentlich überhaupt nicht mehr – Ks Choice sind wesentlich ruhiger geworden, nachdenklicher, bekümmerter. Angesichts des Gesangs von Sarah Bettens wirkt der Albumtitel fast schon ironisch: Die Frau klingt nicht almost happy, eher annähernd kreuzunglücklich, zumindest ansatzweise verzweifelt, aber auf eine unprätentiöse Art immer innig. Bei Songs wie dem perlenden Opener Another Year, Always Everywhere oder dem mit schönen Piano-Tupfern versehenen Tired ist man jedenfalls geneigt zu glauben, dass Traurigkeit vielleicht doch die besseren Songs schreibt – Psychoanalytiker, bitte übernehmen Sie. Bei den akustisch geprägten Home, Favourite Adventure, oder All gleitet diese Stimmung dann zwar ein wenig klischeehaft ins Lagerfeuermäßige ab, was insgesamt aber nicht weiter ins Gewicht fällt. Denn Almost Happy ist die beruhigendste Platte seit langem. Musik für Kerzenlicht-beleuchtete Zimmer nach einem Tag voller Pleiten, Pech und Pannen. Probiert es ruhig aus. Das ist gar nicht so peinlich, wie es jetzt klingt.
9
Im Gegensatz zu Alexandra nimmt meine Begeisterung für diese Band von Mal zu Mal ab. Das zweite Album Paradise In Me lernte ich nach intensiver Beschallung durch einen WG-Mitbewohner mit der Zeit wirklich zu schätzen: schön ausgefeilte Pop-Songs, die jedoch die gewisse Alternative-Edge nie missen ließen. Mit Cocoon Crash schlug die Band dann aber einen Weg ein, der nun am Ziel angelangt scheint und mit der Formel in Schönheit sterben gut und treffend summiert werden kann. Vielleicht fehlt mir ja in diesem Fall das gewisse Gen, um Gefühlstiefe und Innigkeit korrekt wahrzunehmen, Almost Happy geht jedenfalls an mir vorbei wie die Formel 1-WM. Wohlgemerkt: Es braucht ja nicht immer alle Musik in full effect arrangiert sein, um zu wirken, Fiona Apple beispielsweise gelingt es famos, mit bescheidenen Mitteln große Momente zu zaubern, doch gegen den Ozean When The Pawn wirkt das hier leider oftmals wie das Plätschern im Nichtschwimmerbecken. Drei, vier gute Songs sind einfach zu wenig, um diese Platte vom Dilemma der moll-tönenen Gefälligkeit zu befreien. Traurig aber wahr: Ks Choice sind inzwischen in Jürgen von der Lippes Sendung um einiges besser aufgehoben als in meiner Sammlung.
Ingo Neumayer 5