Sarah und Gert Bettens lassen jetzt auch als K?s Choice auf amerikanischen Freeways die Reifen qualmen.
Auf ihren Soloalben “Scream” und “Shine” hat Sarah Bettens sich längst vom seligen Singer/Songwriter-Charme der frühen K?s Choice emanzipiert. Zusammen mit Bruder Gert rockt “The Phantom Cowboy” so, wie eine transatlantische Geschwister-Konstellation und zwei parallel laufende Solokarrieren klingen, wenn sie in einem Teilchenbeschleuniger zusammentreffen. Der steht im Studio von Alain Johannes, der sich als Produzent mit Queens Of The Stone Age und Them Crooked Vultures große Denkmäler gesetzt hat. Die Kontraste zwischen europäischer Beschaulichkeit und südstaatlichem Cowboy-Temperament setzt Johannes mit einer gemäldeartigen Produktion perfekt in Szene. Das gilt für beide Herzkammern, die “The Phantom Cowboy” zu einem großen Album-Comeback machen. “Perfect Scar” und “We Are The Universe” schließen an die emotionalen Heißluftballons von “Cocoon Crash” an, zu denen sich tausende Menschen verliebt und wieder getrennt haben. Die meisten Songs auf “The Phantom Cowboy” kommen jedoch mit scharfer Kante. “Woman” und “Private Revolution” klingen, als fege Sheryl Crow nölenden Farmern die Whiskeygläser vom Tresen. Dazu gehören riffbetonte, hohe Tempi und breite Hooks, wie sie auch die Foo Fighters beherrschen. Und “Bag Full Of Concrete” entfaltet sich unter Johannes Ägide wie Qotsas geisterhaftes “The Vampyre Of Time And Memory” zu einem riesigen schwarzen Schmetterling.
10/12 Martin Iordanidis
Das belgische One-Hit-Wonder meldet sich mit einem rockigen Album zurück, an dessen Beliebigkeit sich niemand stören muss.
“As Rock And Roll As It Gets” heißt der Opener dieses doch recht überraschend erscheinenden Albums von K?s Choice. So zahnlos hatte man Rock?n?Roll gar nicht in Erinnerung, wohl aber die Band der belgischen Geschwister Sarah und Geert Bettens und ihren Hit “Not An Addict”. Das mag daran liegen, dass die Platte klingt als hätte man sie in Watte gepackt – ein Verdienst von Alain Johannes. Man fragt sich nur, warum er K?s Choice nicht mehr Kante und weniger wohlfeiles Handwerk verpasst hat. Weil hier echte Profis am Werk sind, die wie Kollege Iordanidis richtigerweise feststellt, auf gut laufenden Solokarriere zurückblicken können, fehlt “The Phantom Cowboy” jegliche Dringlichkeit und Überzeugungskraft, verortet sich die Band damit ohne Not im Formatradio, statt mit Hilfe des manchmal genialen Queens-Of-The-Stone-Age-Produzenten richtig auf die Kacke zu hauen. So verschwimmt die Selbstermächtigungshymne “Woman” mit “Perfect Scar” zur “Private Revolution”, ohne mit einem dieser Songs echte Kontur zu finden. Am schlimmsten wiegt dabei, dass “The Phantom Cowboy” noch nicht einmal vermag, negative Emotionen auszulösen, sondern einen völlig kalt lässt; mit Songs, die sofort ins Ohr gehen, nur um auf der anderen Seite wieder herauszufallen. Und deshalb kann es für dieses Album auch nur die schlimmste aller Noten geben: absoluten Durchschnitt.
6/12 Florian Schneider