Man muss sich nur mal vor Augen führen, was sich dieser unscheinbar vom Cover in die Ferne blickende Typ alles traut: Nuschelt sich Texte in den nicht vorhandenen Bart, die unbedingt gehört werden müssten, weil sie so gut sind. Schimpft wie im kaum greifbaren Dead Alive wie ein Rohrspatz gegen tief berührende Gitarrenfiguren an, als hätten sich Radiohead in einen Protestsong von Bob Dylan verirrt. Und was vielleicht sogar das Beeindruckendste ist: Er verschmelzt Tradition und Moderne in so noch nicht gehörter Form und macht damit Altbewährtes fit für die Zukunft. Wer Vorbildern wie Dylan oder Springsteen vorwirft, ihr jüngeres Schaffen sei längst nicht mehr so relevant und aufsehenerregend wie zu ihren Glanzzeiten, kann hier nachhören, was ein gehöriger Schuss Adrenalin alles bewirkt. Der Gitarrist von The War On Drugs öffnet sein Songwriting auf dem zweiten Soloalbum den nötigen Schritt in Richtung Abgrund, schreit seinen Schmerz auch mal heraus, wenn es nötig ist, und gibt sich völlig dem Sog seiner eigenen Melodien hin. So unterschwellig brodelnd hat das lange keiner mehr hinbekommen: Die gigantische Atmosphäre dieser Platte droht immer wieder zu kippen, doch selbst wenn die Trompeten im aufwühlenden Amplifier einsetzen, geht Childish Prodigy seinen Weg zwischen hallenden Akkorden und Hypnose-Drums unbeirrt weiter. Ist das jetzt noch klassisches Songwriting oder schon durch tausend Indie-Filter gejagte Klangkunst? Wenn Kurt Vile es nicht schon längst wäre, er müsste von diesen Songs wahnsinnig werden.
weitere Platten
Back To Moon Beach
VÖ: 17.11.2023
(Watch My Moves)
VÖ: 15.04.2022
Speed, Sound, Lonely KV (EP)
VÖ: 15.01.2021
Bottle It In
VÖ: 12.10.2018
Lotta Sea Lice (mit Courtney Barnett)
VÖ: 13.10.2017
Blieve I'm Goin Down
VÖ: 25.09.2015
Wakin On A Pretty Daze
VÖ: 05.04.2013
Smoke Ring For My Halo
VÖ: 11.03.2011