L.S. Dunes
Past Lives
Text: Martin Burger | Erschienen in: VISIONS Nr. 356
Kaum mehr als das Line-up ist bisher bekannt von L.S. Dunes. Schlagzeuger Tucker Rule und Bassist Tim Payne kommen von Thursday, die Gitarristen Frank Iero und Travis Stever von My Chemical Romance und Coheed And Cambria. Geboren wurde die Band, als Thursday für eine Livestream-Show an Weihnachten 2020 probten. Sänger Anthony Green wiederum, den man vor allem von Circa Survive kennt, war ungefähr zur selben Zeit auf der Suche nach einem neuen Projekt und stieß wenig später hinzu, nachdem er von Rule Demos erhalten hatte, aber nicht die Namen der anderen Mitglieder kannte. Zur Leadsingle “Permanent Rebellion” ließ sich Rule zitieren, L.S. Dunes wollen, dass man in ihrer Musik die Bands aller Beteiligten heraushören kann, es solle jedoch nicht nach einer dieser Bands klingen. Beim Song selbst, einem geradlinigen Post-Hardcore-Kracher, der förmlich in seinen Refrain hineinstürzt, klappte das schonmal nur so halb. Ieros scharf gewetztes Riffing kennt man nicht nur von My Chemical Romance, auch auf seinen Soloalben hat er die Form zur Genüge ausgebreitet.
Dann der Faktor Green: Jeder Band, der er angehört, zwingt er durch seine Jungmännerstimme unweigerlich ein Etikett auf, dessen Aufschrift lautet: An mir scheiden sich die Geister. Der Rest der Band agiert songdienlich. Zur zweiten Single “2022” kam der Argwohn, denn die hat Green erst vor wenigen Monaten in einer abgespeckten Version auf seinem Soloalbum “Boom. Done.” veröffentlicht. Pünktlich zur L.S.-Dunes-Variante, die “Past Lives” auch noch eröffnet, verschwand der Song auf allen Streamingdiensten von “Boom. Done.” – unnötig, wenn nicht albern, schließlich gibt es die Platte ja noch physisch. Es ist ein bisschen wie beim Radiohead-Nebenprojekt The Smile: Man wüsste bei allem Anspruch schon gern, ob mehr dahintersteckt als zu viel Freizeit während der Pandemie, oder natürlich, ob mehr als ein Album geplant ist. Das alles liest sich nun vielleicht kritischer als es gemeint ist. “Permanent Rebellion”, “2022” und die anderen neun Stücke auf “Past Lives” sind keine schlechten Songs. Sie reißen mit. Sie sind stellenweise sogar wahnsinnig gut geschrieben, “Blender” etwa, oder der Closer “Sleep Cult”, eine von Kitsch befreite Coheed-And-Cambria-Ballade. Hier sind Profis am Werk. Manchmal langt das schon für ein Debüt mit einer langen Halbwertszeit. Hoffentlich reicht die bis zur zweiten Platte – falls es die überhaupt geben wird.
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VÖ: 31.01.2025