Wobei allen klar sein dürfte, dass “interessant” wie so oft ein Synonym ist für “schwer greifbar”. Was in erster Linie an der eigenartig ätherischen Stimmung des gesamten Albums liegt. Es sind durchaus Songs, die Sadier schreibt, aber solche mit so eigenwilliger Melodieführung und Struktur, dass man häufig unentschlossen zwischen Kompositionskunst und Kunstkacke urteilen möchte. Nun: Dass Sadier ein eigenwilliges Melodieverständnis hat, ist ja keine Neuigkeit. Doch auch die Musik dazu, die bewusst reduziert wurde auf das absolut Nötigste aus devoten Drums und Bässen sowie einer melodieführenden Orgel oder Gitarre, hinterlässt einen ratlos. Da sind Songs, die in ihrer spröden New Yorker Indie-Brüchigkeit an The Velvet Underground erinnern; andere hingegen atmen auf eine seltsam abstrakte Art die Schönheit französischer Chansons. Dass die gesamte Platte Zeit braucht, um Nähe zu erzeugen, dürfte auch daran liegen, dass Sadier erstmals die Musik um die Texte herum geschrieben hat statt andersherum. Darin verarbeitet sie den Selbstmord ihrer Schwester. Für ein derart dramatisches Thema hüpft das Album aber erstaunlich leichtfüßig durch die vielen Akkorde und Ideen in den stimmungsvollen Songs. Und es erklärt Sadiers Konzentration auf Stimmen, von denen es teilweise ganze Chöre gibt. Wer Stereolab gerade für ihre leicht dissonante Unverdaulichkeit schätzte, wird an “The Trip” seine helle Freude haben. Andere fragen: Und wo ist jetzt noch mal der Song?
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VÖ: 23.02.2024