Durch ihre ständige Auseinandersetzung mit Totalitarismus und Faschismus halten die Vorwürfe Laibach gegenüber an. Es reichen eine entsprechende Sound-Ästhetik, bewusst gestreute Reize (Symbole, Zitate) und Uneindeutigkeiten. Laibach haben kein Interesse an großer Deutlichkeit. Sie scheren sich nicht um die oberflächliche Auseinandersetzung mit ihrer Arbeit. Wer sie für Faschisten hält, entlarvt sich selbst, meinen sie nur schulterzuckend – und machen weiter. Auch diesmal steigen sie beherzt in Bereiche, die andere nicht mal mit der Feuerzange anfassen würden und betrachten Keimzellen dessen, was heute abwechselnd in den Mülleimer der Geschichte geworfen wird, um als Fratze wiederaufzuerstehen: die Idee von Nation und Nationalstaatlichkeit. Hymnen sind da wie Zeitkapseln und berichten viel über die Probleme und Konflikte der Jetzt-Zeit. Die kämpferische Mobilmachung im Text der Hymne Chinas passt da so zur “Gelbe Flut”-Paranoia aktueller Spiegel-Titel wie israelische Pendant über Sehnsucht und Streit im Nahost-Konflikt. Und hatte jemand erwartet, dass beim Grübeln über das “Lied der Deutschen” dessen erste Strophe nicht vom Chor als Echo im Hintergrund eingebaut wird? “Deutschland, Deutschland über alles” ist schließlich, wenn auch aus einem ganz anderen Kontext stammend, mittlerweile sinnbildlich für das düsterste Kapitel der Menschheitsgeschichte und überschattet die Beziehungen vieler anderer Länder zu Deutschland bis heute. Für ihren eigenen, virtuellen Staat NSK tönt ein blecherner Marsch wie aus Don Camillo und Pepone, zu dem eine seelenlose Computerstimme Churchill zitiert. Wer da nicht lachen kann, hat folgende Dinge nicht begriffen: Laibach sind radikale Künstler. Laibach sind politische Künstler. Laibach sind dadurch keinesfalls politische Radikale. Bitte entspannen und etwas mehr als oberflächlich hinhören.
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