Les Big Byrd
Diamonds, Rhinestones And Hard Rain
Text: Florian Schneider / Julia Köhler | Erschienen in: VISIONS Nr. 372
Virtuosität ist nach wie vor kein Kriterium für Les Big Byrd – eine bis zwölf Minuten Schweben ist wichtiger.
Beim vierten Album muss man nicht mehr erzählen, wo die Mitglieder von Les Big Byrd zuvor aktiv waren. Zudem gibt es mit Christian Olsson einen neuen Keyboarder, der “Diamonds, Rhinestones & Hard Rain” prägt, etwa in der langen Fahrt in “The Night Bus”, bei der ein derangiertes Saxofon zusteigt, das kurz Moondogs “Bird’s Lament” anreißt. Aber ehe es so weit ist, schwebt man schon zwei Meter über dem Boden, auf einem Fundament aus stoischem Schlagzeug und prägnanter Bassline.
Bislang hielten sich auf den Platten der Schweden die kurzen krautigen Indierock-Hits und die psychedelischen Abfahrten die Waage. Diesmal sind letztere in der Überzahl, was nicht heißt, dass kein Platz für einen dieser unwahrscheinlichen Les-Big-Byrd-Hits bliebe, für den diesmal der Titelsong sorgt. Das Einzige, was dieser Platte vielleicht fehlt, ist die Abgründigkeit von Songs wie “Feels Like Wasting My Life Is Taking Forever”. Aber es ist ein Zeichen dafür, dass die Zukunft von Les Big Byrd sicherer ist als zuletzt, denn die Welt braucht mehr Bands wie sie: einfach mal schauen, was sich so ergibt. Und wenn es sich ergibt, dass man mit ihrer Musik unliebsamen Familienbesuch loswird, dann nur, weil der Besuch sie nicht verdient. Florian Schneider
Diese Platte geht mit steigender Virtuosität proportional mehr und mehr auf den Wecker.
Da kann sich das schwedische Quartett noch so mit Vorschusslorbeeren und etablierten Namen schmücken – am Ende dekonstruiert die Platte sukzessiv alle Grundlagen für (positive) Emotionen. Hier elektronisches Pluckern ohne Ziel, dafür aber mit vielen Störgeräuschen auf der Oberfläche (“Ensam i stan på sommarlovet”), dort dudelige und nie enden wollende Fahrstuhlmusik mit einem Overlay aus undefinierbaren Geräuschen (“Lycka Till På Färden”).
Um die Ecke wartet dann das knapp zwölfminütige “The Night Bus” mit torkelnden Bläsern, verstaubten Synthies und Gitarren-Gegniedel aus der Hölle. Den angenehm kurzen Titelsong, der immerhin beim nächsten Dad-Rock-Radiosender funktionieren könnte, kann man da sogar noch positiv hervorheben. In welcher Situation des eigenen Alltags diese – sicherlich auf dem Papier äußerst durchdachte Musik – wirklich Bereicherung verspricht, erschließt sich nicht. Wobei: Zum Vergraulen des nächsten unliebsamen Familienbesuchs taugt sie mit dem unentwegt stressigen Unterton aber sicher vorzüglich. Ansonsten bevorzuge ich lieber noch eine Runde Caesars oder Fireside. julia köhler
Das steckt drin: Automat, Neu!, The Smile
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