Sechs Jahre ohne Veröffentlichung ist für eine Indieband eine wahnsinnig lange Zeit – da muss man schon stark auf die Treue seiner weit versprengten Fanbase bauen, will man hoffen, noch von Relevanz zu sein. Die New Yorker Les Savy Fav besaßen diese Chuzpe – zu Recht, wie die vereinzelten europäischen Festival-Gigs im letzten Jahr bewiesen: Quasi aus dem Nichts tauchte die Band, die um die Jahrtausendwende noch innerhalb von vier Jahren drei ausgezeichnete Alben unter die Leute schmiss, wieder auf, wirkte lebendiger als je zuvor und wurde, beispielsweise auf dem Oya Festival in Oslo, hingebungsvoll abgefeiert. Dabei boten sie eine schräge Show mit Kunstblut, Kostümen und gelegentlichen Nacktauftritten ihres Sängers; wie eine schmuddelige Underground-Variante der Flaming-Lips-Konzerte. Verglichen damit ist ihr neues Album recht zugänglich geraten und um eine erstaunliche Schönheit und Stimmigkeit bemüht. Das Schrillste daran sind sicherlich die äußerst eigenwilligen Melodiebögen, an die man sich erst gewöhnen muss. Ansonsten indierockt es, dass es eine wahre Freude ist: Mal betont uptempo, fast wie eine schrullige Version aktueller Wave-Bands, dann wieder so zurückgelehnt dubbig, als wären The Clash noch mal für ein Album in einem New Yorker Kellerstudio verschwunden. Dazwischen gibt’s Songs, die nachhaltig mit Pop, Soul oder angriffslustigen Noise-Attacken liebäugeln; man hört enorm durchdachte, atmosphärische Keyboard-Arrangements, die schon im nächsten Song durch sägende Gitarren und wildes Vocal-Gekreische kontrastiert werden. Diese zwölf Songs sind ein mitreißender Parforceritt durch die Indieschule der letzten 20 Jahre: Von den Pixies zu Modest Mouse, von Sonic Youth zu Arcade Fire, von Mclusky bis At The Drive-In reichen die stilistischen Analogien und sind doch in jedem Moment voll und ganz Les Savy Fav. Die liebevolle Detailarbeit, die sich das Quartett mit diesem Album gemacht hat, hört man in jedem Moment – es ist ihr bei Weitem vielschichtigstes, homogenstes und nachhaltigstes Werk. Und es zeigt, dass der gute alte Indie-Gaul noch immer zu galoppieren versteht, wenn man ihm nur ordentlich die Sporen gibt. Les Savy Fav reiten mit dieser Platte bis zum Horizont; dort, wo sich die ganzen Klassiker des Indierock in trauter Eintracht zur untergehenden Sonne der ewigen Meilensteine vereinigen und müde lächelnd über dem Meer musikalischer Durchschnittlichkeit schimmern. Dieses Album wird noch lange schimmern. Versprochen.
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