Vielleicht scheint in der Münchner Heimat des Quintetts zu oft die Sonne, um auf das Grummel-Niveau der Nordpunks zu kommen. Vielleicht ist es aber auch egal, warum die Band dem Unbill des Lebens mit Grundwut und Optimismus gleichermaßen begegnet – die frühen Jupiter Jones oder Donots mussten sich dafür auch nicht (ständig) rechtfertigen. Um der Punk-Polizei zuvorzukommen, nennen Lester ihren Sound “Heavy Pop”, was ein bisschen demütiger klingt, als es nötig wäre: Wenn die Band im Opener Zoofachgeschäft, Müllerstr. 17 mit Kmpfsprt-Kratzstimme und Zeilen wie “Routine wird zu Scheiße/ Und Scheiße zur Routine” gegen Alltag und Konformismus ansingt, ist das Punk, nur eben in vollem Dur und mit der über allem schwebenden Vorsilbe “Pop-“. Wessen Geistes Kind Lester sind, lassen sie ohnehin mit den Songtiteln durchblicken: “Von Wegen”, “Halbe Distanz”, “Dackelblut” – Muff Potter, Kettcar und, nun ja, Dackelblut sind die intellektuellen Paten der Band. Vor allem nach Marcus Wiebusch in 16:9-Punk klingen viele Harmonien und Formulierungen. Wenn die in den Refrains dann von großem Panorama-Pathos und süffiger, das Leben einfordernder Melancholie ummantelt werden, haben Lester das Herz am gleichen Fleck wie die schon erwähnten Jupiter Jones. Nur manchmal fällt dabei ein Chor ein bisschen platt, eine Gesangslinie ein bisschen zu pompös aus. Das aber kann man gut durchwinken: Lester schütten auf “Die Lüge vom großen Plan” viel Herzblut aus und stürmen los, ohne auf die eigene Coolness zu schielen.
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