Lingua
The Smell Of A Life That Could Have Been
Text: martin jensen
Eine Dreiviertelstunde kann sich ganz schön in die Länge ziehen. Millionen von Schülern wissen das, im fortgeschrittenen Alter kann man sich diese Erkenntnis mit “The Smell Of A Life That Could Have Been” in Erinnerung rufen. Das Album ist ein wenig wie Latein-Unterricht: zunächst interessant, irgendwann aber nur zäh und lästig. So denkt man bei Lingua anfangs, es mit talentierten Dredg-Epigonen zu tun zu haben, die in ihren wilderen Momenten auch mal an Earthtone9 erinnern. Mit fortlaufender Spielzeit relativiert sich dieser Eindruck allerdings, und am Schluss bekommt man nicht mehr das Bild von den Heavy-Prog-Rock-Brüdern von Creed aus dem Kopf. Denn Lingua mögen es mächtig, sie übersetzen ihre großen Ambitionen in noch größere Gesten und landen mit gefühlsschwangeren Lyrics und gepressten Wutausbrüchen oft im Pathos-Abseits. Nach 20 Minuten schließlich gerät jeder weitere Song zur Herausforderung, und man greift lieber direkt zum Original. Denn auch wenn man Dredg nicht liebt, das Gefühl des Fremdschämens kommt bei ihnen nicht auf.