Wenn Corey Glover im Opener “Song Without Sin” seine Stimmbänder strapaziert, erzeugt das leider keinen wohligen Schauer mehr, wie es bei ihrem aufsehenerregenden Debütalbum “Vivid” im Jahre 88 noch der Fall war, sondern eine Gänsehaut der eher unangenehmen Art. Living Colour scheinen ihre Lockerheit verloren zu haben, das hier klingt alles viel zu bemüht und gezwungen. Gitarrist Vernon Reid kopiert sich schamlos selber und auch die einst so einzigartige Rhythmusfraktion mit Bassist Doug Wimbish und Drummer Will Calhoun vermag keine nennenswerten Akzente mehr zu setzen. Wo früher runder und warmer Groove den Körper zum Tanz aufforderte, nervt heute ein kalter, starrer Beat oder hektisches Gefrickel. “Great Expectations” bringt es irgendwie auf den Punkt: Zum einen erinnert der Song an die späten Bad Brains, die nach “Quickness” – wie Living Colour heute – die Innovation und Inspiration ihrer wilden Anfangstage vermissen ließen. Zum anderen spricht der Titel den Anspruch aus, dem Reid & Co. leider nicht mal mehr ansatzweise gerecht werden. Stattdessen markieren sie mit der unerträglichen Coverversion von AC/DCs “Back In Black” einen kaum für möglich gehaltenen Tiefpunkt; wenn Glover versucht, Brian Johnsons Kreischlage zu imitieren, stehen dem Hörer sämtliche Haare zu Berge. Zwar gibt es auch Erfreuliches zu hören – das melancholisch wabernde “Pocket Of Tears”, den Reggae-Rocker “Nightmare City” mit seinen schönen Hooks, oder “Lost Halo”, eine gelungene Referenz an Cream und andere Rock-Dinos der 60er – aber für eine ehemals Maßstäbe setzende Band wie Living Colour ist das einfach zu wenig.