Er galt als Ideengeber bei den Polit-Punks aus Mecklenburg-Vorpommern, um so überraschender kam vor zwei Jahren das Ende. Sein Ausscheiden bei Feine Sahne Fischfilet ist nun explizit Thema auf “Lost Times”, wo Wunden heilen sollen und die Zukunft sachte angetastet wird. Von “Komplett im Arsch” hin zu einem “radikalen Ja zum Leben”, wie Sell den Umbruch selbst beschreibt, auch wenn vieles im Ungewissen bleibt: “Ich weiß immer noch nicht wer ich bin/ Hab mich von einer alten Welt getrennt/ Zu viele Risse davon in meinem Herz.”
Wenn der Sänger dabei die Vokale verbiegt, aus jedem “i” ein “äh” wird, er sich so die Reime zurecht krümmt, weil sie sonst nicht aufgehen würden, dann ist das mindestens gewöhnungsbedürftig, unterstreicht aber auch die Orientierungslosigkeit, die sich durch die spitzfindigen Zeilen zieht.
Das Erstaunlichste ist allerdings die Atmosphäre, in die Sell investiert. Sie ist von jener Sorte Indie-Theatralik, mit der Klez.e vor ihrer Hinwendung zu The Cure gelungen auftrugen. Das hat Temperament, auch im Kleinen, wenn etwa das Schlagzeug im gelungenen New-Wave-Stück “Insomnia” am Ende gegenläufig in Erscheinung tritt. Feinheiten, die man einem, der vor allem raubeinige Sauflieder wie “Geschichten aus Jarmen” oder “Alles auf Rausch” verantwortet hat, so erstmal nicht zugetraut hätte.
Das steckt drin: Drangsal, Klez.e, Der Ringer