Lord Huron war einmal Ben Schneider. Ein viel gereister und auch als Illustrator begabter Mensch, geboren in Michigan nahe des Lake Huron, der dem Projekt einen Teil seines namens gibt. Schneider nahm zunächst alleine ein paar EPs auf: Viel beachtete Kostproben zwischen flächigem US-Folk und spielerischer Elektronik. Dann ging es erstmals auf Tour. Schneider suchte sich eine Band zusammen – und sofort änderte sich der Stil. Das Eigenbrötlerische der ersten Aufnahmen verschwand, ebenso das Visionäre. Lord Huron ist jetzt eine Band, Ben Schneider ist ihr Chef. Das Problem an der Sache: Das ganze klingt jetzt so sehr nach den Fleet Foxes, dass man denken könnte, “Lonesome Dreams” sei das Resultat eines Karibik-Aufenthalts von Robin Pecknold. Schneiders Gesang, die gestaffelt gesungenen Chöre, die Akustikgitarren, die in Hall getränkte Atmosphäre: Vieles erinnert sehr stark an die Fleet Foxes. Eine eigene Note bleiben jedoch die leichtfüßigen Rhythmen, die einen Song wie “Time To Run” in die Nähe von Paul Simons “Graceland” bringen und an vielen Stellen an die polyrhythmische Iron-&-Wine-Platte “The Shepherds Dog” erinnern. Das sind gute Nachrichten für Leute, die das zweite Fleet-Foxes-Album zu spröde und kompliziert finden, denn hier passiert mehr an der Oberfläche. Zum famosen Country-Twang von “She Lit A Fire” kann man sogar ums Lagerfeuer tanzen, der flotte Walzer “The Ghost On The Shore” hat die gleiche gespenstische Klasse, die man an The Low Anthem so sehr liebt. Bei aller Nähe zu den Vorbildern: “Lonesome Dreams” macht zu viel Spaß, um die Platte naserümpfend in die Plagiatsschublade zu packen.
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Long Lost
VÖ: 21.05.2021