Am besten seien Low, schreibt Britta Helm zum Vorgänger “Ones And Sixes”, wenn man vor ihnen oder um sie Angst haben müsse. Maßen wir uns nicht zu viel Reichweite an, aber tatsächlich ist “Double Negative” das mit Abstand beängstigendste Werk von Mimi Parker und Alan Sparhawk. Als wollten sie sich zum 25-jährigen Bandjubiläum der eigenen Relevanz vergewissern, krempeln Low mit Produzent BJ Burton, der zuletzt mit Bon Iver ähnlich progressiv unterwegs war, ihren kompletten Sound um und dekonstruieren Slowcore und Indierock mit einer Flex. All denjenigen, die ihre Musik in den letzten Jahren als wohlig warme Decke genutzt haben, verschaffen sie obendrein höllische Albträume. Der unweigerlich an David Lynch erinnernde Rausch ist vor allem ein Rauschen, das seine Hörer zum aktiven Zuhören oder eben Ausschalten zwingt. Es dauert ganze elf Minuten und zwei Songs, bevor in “Fly” so etwas wie eine vertraut wirkende Melodie von Parker aufblitzt. Davor, danach und währenddessen: Flimmern. Mal wabernd, mal sakral strahlend, meist unterkühlt und teils an der Grenze zum Hörbaren. Schönheit und Optimismus sind nicht verschwunden – man nehme nur das herausstechende “Always Trying To Work It Out” –, doch sie haben das Nachsehen. Low bekämpfen auf ihrem zwölften Album das eigene Schaffen und vertonen damit den Wahnsinn unserer Zeit unmittelbarer als irgendeine andere Band. Und noch während man versucht, “Double Negative” einzuordnen, geschweige denn zu begreifen, hat eine der wichtigsten Indiebands sich mal eben neu erfunden.
weitere Platten
Hey What
VÖ: 10.09.2021
Ones And Sixes
VÖ: 11.09.2015
The Invisible Way
VÖ: 22.03.2013
C'Mon
VÖ: 15.04.2011
Drums And Guns
VÖ: 23.03.2007
The Great Destroyer
VÖ: 24.01.2005
A Lifetime Of Temporary Relief
VÖ: 20.07.2004
Trust
VÖ: 24.09.2002
Things We Lost In The Fire
VÖ: 21.01.2001
Secret Name
VÖ: 28.03.1999
The Curtain Hits The Cast
VÖ: 05.03.1996
Long Division
VÖ: 06.05.1995