Lucky Soul ist keine Band, die sich durch unermüdliches Touren volkstümlich machen musste. Sich eine Szene vorzustellen, die solcher Musik als Nährboden diente, fällt ebenfalls schwer. Lucky Soul scheinen aus einer Zeit zu stammen, in der man die Mitglieder einer Band überhaupt nie in Zivilkleidung zu sehen bekam und in der Demoversionen auf Single-B-Seiten schlicht undenkbar waren. Die veröffentlichte Version eines Songs ist die definitive Version. Die Studiominuten sind teuer, aber unbedingt notwendig. Und die Produzenten werden an exponierter Stelle erwähnt. In der Welt von Lucky Soul ist jeder Tag ein Feiertag, oder zumindest ein Anlass, sich über Champagner als Farbe oder über moderne Architektur zu unterhalten. Oder über Nostalgie als Lebensprinzip. Denn die geistige Heimat der Londoner ist irgendwo Mitte des letzten Jahrhunderts anzutreffen, und schon das Covermotiv beweist, dass man auf diesen Hinweis nicht verzichten möchte. Im Gegenteil. Fast schon süffisant schlängelt sich Sängerin Ali Howards Stimme durch die plüschigen Interieurs ihrer Songs, deren luxuriöse Arrangements ihre Entsprechung in den gebrauchsfähigen Texten finden. Und genau da beginnt Lucky Souls Anliegen. Die Band besteht darauf, ihren Vollkontakt-Salon-Pop unabhängig produziert zu haben (was stimmt) und darüber hinaus den gefühlten Graben zwischen Wohlklang und Gehalt überbrückt zu haben. Übersprungen. Wie damals, als das Populärste oft gleichzeitig das Beste war. Tatsächlich beweisen die 14 Songs auf “The Great Unwanted” eine traumwandlerische Sicherheit im Songschreiberischen, ohne dass es sich je gestelzt oder aufdringlich ausnähme. Eher muss man an jene Metalheads denken, die neben Slayer auch Tori Amos gelten lassen, einfach weil das die Vernunft gebietet. Weil es keinen Grund dafür gibt, weshalb sich ein Dutzend Instrumente schlechter machen sollten als drei. Lucky Soul haben bereits auf einer Handvoll Singles unter Beweis gestellt, dass sie auch diese Darreichungsform beherrschen, und auch das kann im Kontext der LP als Qualitätsmerkmal durchgehen. Der Song als Welt, die Welt als Song. Andere Bands faseln davon, dass dem so sei – diese Gruppe löst das Versprechen ein und hält sich ansonsten bedeckt. Schwärmerisch, opulent, verspielt und bittersüß. Jede Wette, dass auf viele “Wer ist denn das?” diesen Sommer die Antwort “Lucky Soul” lautet.
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A Coming Of Age
VÖ: 10.12.2010