Madsen
Hollywood
Text: Vivien Stellmach/Florian Schneider | Erschienen in: VISIONS Nr. 366
Madsen haben kein Glaubwürdigkeitsproblem, sie sind einfach nur in die Komfortzone Poprock gerutscht.
Es ist zugegeben nicht einfach, die Band aus dem Wendland 2023 zu verstehen. Harte Punk-Gitarren treffen auf melancholische Popmelodien, mutmachende Botschaften stehen neben Reimen, die so banal wie das Leben selbst sind. Es ist wie bei Jupiter Jones: Die Punk-Attitüde manifestiert sich nicht mehr so sehr in der Musik, sondern in der Haltung. Madsen veröffentlichen ihr neuntes Album über ihr neugegründetes Label Goodbye Logik und schreiben Songs wie “Brücken” und “Hollywood“, die davon handeln, als Gesellschaft zusammenzuhalten und an sich zu glauben, wenn die Welt einem weismachen will, dass man nicht gut genug oder willkommen ist.
“Unter dem Radar”, “Rock’n’Roll” und “Willi” stehen für die Einfachheit der Band: Die Messlatte für Reime hängt niedrig und musikalisch klingen die Songs nach Poprock-Baukasten, damit möglichst viele Leute mitfühlen und mitsingen können. Auch das hat seine Berechtigung, auch das macht gute Laune auf Festivals. Am besten sind Madsen aber, wenn sie wie in “Wir haben immer noch die Sonne” stürmischen Alternative Rock à la “Goodbye Logik” (2006) spielen. “Wir haben immer noch die Sonne, jeden Morgen geht sie auf/ Sogar, wenn du nicht mehr daran glaubst.”
Vivien Stellmach
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Und Madsens Ausflug nach “Hollywood” ist sehr gut gemeint.
Man würde Madsen gerne gut finden. Songs wie “Ein bisschen Lärm” haben, was es dafür braucht. Einen eingängigen Refrain, eine simple Strophe, und würde Sebastian Madsen Englisch singen, wären man schon einen Schritt weiter. Aber er singt Sätze wie “Ich brauche keine Substanzen/Ich brauche Substanz […]/ Ich brauche keine Besserwisser/ Nein, ich brauche Bass” und lässt sie so ungelenk und windschief über die griffigen Akkorde stolpern, dass man ihm eine Hand anbieten möchte.
Das kann man als charmant verklären, am Ende bleibt es aber amateurhaft, also im besten Falle Liebhaberei. Überhaupt machen Madsen einen zerzausten Eindruck. Erst das eilig eingespielte Punkalbum “Na gut dann nicht“, das sie aber schon wieder selbst als irregulär diskreditieren, dann Sebastian Madsens Soloalbum “Ein bisschen Seele“, das ebenso gut gemeinter Soul war wie “Hollywood” Alternative Rock ist, und jetzt wieder das Madsen-Übliche – inklusive alberner Gitarrenlicks, die – immerhin ist die Band konsequent – genauso ungelenk klingen wie Sebastian Madsens Lyrik. Aber böse kann man den Jungs aus dem Wendland deswegen nicht sein, dafür sind sie einfach zu nett. Vielleicht liegt da der Hund begraben.
Florian Schneider
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