Madsen sind die verdeckten Ermittler unter den deutschen Rockbands: Plötzlich stehen sie vor dir, brüllen kurz, packen dich am Kragen, und schon sind deine Arme auf den Rücken gedreht. Du bist überwältigt. Die Techniken, die sie dabei anwenden, sind international erprobt. Madsen beherrschen Placebos Kunst, in dreieinhalb Minuten kleine, atmosphärisch dichte Dramen mit flirrenden Gitarren und wehenden Bässen zu inszenieren. Sie wissen um das Achtel-Gehacke der Strokes, kennen das Geheimnis der Foo Fighter’schen Wuchtgitarre und haben gut aufgepasst, als At The Drive-In in der Riffschule das Ding mit den zweistimmigen Spannungsbögen erklärt haben. Und für den Fall der Fälle – siehe das furiose “Diese Kinder” – heißt es: “Macht der Wumms des Songs dir Kummer? / Hier: Die Nummer von Joe Strummer!” Madsen zielen auf den Bauch, auf die niedere Instinkte, und dennoch geraten ihnen ihre Powerbügel nie plump und nur selten belanglos – die profane Ballade “Im Dunkeln” ist die Ausnahme. Die Haltung wird dabei stets gewahrt. Verzweifelt, aber nicht hoffnungslos. Wütend, aber nicht blind. Madsen leben nicht im Phantasialand, kennen schmerzende Herzen und dumpfe Triumphe nicht nur aus dem Kino. Statt Lamentos und perfekt ausgeleuchteter Emo-Pulsschnitzereien kracht hier die Faust auf den Tisch, manchmal so stark, dass beide, Faust und Tisch, ihr Macken davontragen. Die Sprache ist einfach, aber nicht banal. Das tut gut – denn wo steht geschrieben, dass jeder, der deutsch singt, gleich Anspruch auf Büchnerpreise und Blumfeld-Referenzen erheben muss? Naürlich können Stimmen nicht auf einen einschlagen, wie in “Unsichtbar” behauptet – doch wer merkt das überhaupt? Madsen hört man nämlich meist wie englische Musik, intuitiv und befreit vom Verständnisdruck. Bestes Beispiel: “Lüg mich an”. Wer lügt hier eigentlich? Die Droge? Der Partner? Das Fernsehen? Gar die soziale Marktwirtschaft? Viele Deutungen sind hier möglich. Nur über eines gibt es keinen Zweifel: Ein solch packendes Album hat man lange nicht gehört.
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