Man kann sagen, wenn von experimentellem Indie aus Chicago die Rede ist, hat in vier von fünf Fällen Tim Kinsella seine Finger im Spiel. Der Kreativkopf machte sich in den 1990ern zuerst mit Emo- (Cap’n Jazz), dann mit Postrock (Joan Of Arc, Owls u.a.) einen Namen. Make Believe wiederum sind hervorgegangen aus der Tourversion des offenen Künstlerkollektivs Joan Of Arc. Ähnlich verwirrend wie die Verflechtungen innerhalb dieser vitalen Szene ist die Musik, die mit hoher Regelmäßigkeit auf den Hörer losgelassen wird. Da muss man sich reinfuchsen – die Geduldslatte hängt hoch. Bei Make Believe heißt der Trick avantgardistischer Minimalismus. Soll heißen, es braucht kein Arsenal aus wundersamen Effekten und abwegiger Instrumentierung, keine fünfhundert Spuren voll meterhoch aufgetürmter Klangschichten, um kompliziert zu klingen. Gitarre, Bass, Schlagzeug, Gesang und Wurlitzer, das reicht. Mit einem LoFi-Charme, wie ihn auch Shellac versprühen, konstruieren und dekonstruieren Make Believe ihre Songs nach Belieben. Rudimentär eingestreute Melodiebögen, die oft in Fast-Refrains münden (“A Song About Camping”, “Political Mysticism”), werden von hektischen Gitarrenpickings zerpflückt, andere Songs verbleiben komplett im Stadium eines verschwurbelten Jams. Wie das Krabbeltier auf dem Cover: abstoßend süß.