Jüngeren Bands hätte man sicher geraten, ihr Debütalbum nicht mit einem derart verschleppten Song zu eröffnen, der mit seinen sechs Minuten Laufzeit der längste der Platte ist. Aber bereits mit “Daddy” lassen sich Bottum, Keyboarder bei Faith No More, Imperial Teen und anderen, und sein musikalischer Lebenspartner Holman in die Karten schauen. Hier steckt alles drin, was “Man On Man” ausmacht: der stoische Minimalismus, die schön schrägen Harmonien im Gesang, die geschrubbten Gitarrenakkorde, die große Melancholie. In dieser provisorisch anmutenden Versuchsanordnung wohnt ein großer Zauber inne, der sich spätestens mit dem Hit “1983” voll entfaltet – eine Hommage an die Prä-Aids-Ära, als “Cruising” nicht nur ein Filmtitel, sondern eine Form des sozialen Umgangs unter Homosexuellen war. Aus ihrer Sexualität machen Man On Man keinen Hehl – und das ist auch gut so. Ihr Verdienst ist, dass eine Hymne wie “Its So Fun (To Be Gay)” auch für Cis-Männer und -Frauen funktioniert und beim lauten Mitschmettern des Refrains fast untergeht, wie traurig der Song im Kern ist. Denn neben ihrer positiven Botschaft, was ihre Sexualität angeht, verarbeiten die beiden den Verlust ihrer Mütter. So ist die zentrale Botschaft dieser fantastischen und am Ende (lebens)lustigen Platte: Es ist unerheblich, wen man liebt, Hauptsache es gibt da wen zum Festhalten.
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VÖ: 16.06.2023