Marc Almond ist Kitsch für Coole, heute mehr denn je. Denn Stranger Things” besticht mit bombastischem Tränenzieher-Pop und einigen der schönsten Songs seiner Karriere.
Man liebt, hasst oder belächelt ihn, den kleinen Mann mit der großen Pop-Geste und dem unvergleichlichen Schmelz im Timbre. Ein schillernder Paradiesvogel aus Style, Süffisanz, Schmalzigkeit, Sexyness, Seriosität und schwüler Romantik, der neben einer Menge Schmachtfetzen-Bockmist und schmierigem Tunten-House auch viele fantastische Songs von unberührter Reinheit zu Wege brachte. So ist er halt: Gönnt sich im einen Moment mit Debilo-Pärchen Rosenstolz ein abgeschmacktes Ethno-Schlager-Duett, nur um im nächsten mit Stranger Things”, der inzwischen 13. Solo-Platte, seine vielleicht stimmigste Glanzgala-Vorstellung zwischen Frank Sinatra, Juliette Gréco, Björk, Robbie Williams, Ennio Morricone und Mary Poppins zu geben. Weia, da möchte man noch mal 16 und frisch verliebt sein und mit einem Gänseblümchen zwischen den Zähnen die ganze Welt umarmen. So etwas vollkommen ungetrübt Schönes hat man schon lange nicht mehr gehört: Dekadent pompöse, echte Symphonie-Orchester, schön traurige und traurig schöne Melodieperlen und magisch perfekte Arrangements zwischen dunklem TripHop, streichelzartem Pop und glitzernder Las Vegas-Showbühne. Alles hyperkompakt und monumental in Szene gesetzt durch den isländischen Filmmusik-Komponisten Johan Johansson, der die Stücke in plastisch vielschichtige, cineastische Soundscapes hüllt. Romantiker und Schöngeister, Verliebte und Alleingelassene, Glückskinder und Selbstmörder: Bitte zugreifen. Und weinen.