Mal ehrlich: Wer müsste denn heute noch davon überzeugt werden, Marillion zu hören, wenn er sie nicht a) seit Jahren liebt und eh blind kauft oder b) sie schon vor gefühlten Jahrhunderten rückstandlos von seiner Hirnfestplatte gelöscht hat? So macht es einem auch “Sounds That Can’t Be Made” erschreckend einfach. Zuerst mal mit der Feststellung, dass es diese Sounds leider doch gibt. Okay, mit Wortwitz kommen wir hier nicht weiter. Wäre zu viel Aufwand. Es läuft wie immer im Prog moderner Prägung: ein bis zwei “Longtracks” werden unterbrochen von Coolness-Versuchen in angrenzenden Genres, mindestens einer epischen Ballade und einem Alibi-Versuch in Weirdness. Eine Formel, auf die sich auch die Band um Steve (h) Hogarth seit “Anoraknophobia” geeinigt hat und somit eine Art von Klientelpolitik betreibt, die ihnen ihre Stammhörerschaft sichert. Und auch wenn man sich über die Jahre an den intellektuellen Tiefflug in Hogarths Texten gewöhnt hat: Was das neue Album zusätzlich unerträglich macht, ist Marillions Versuch der humanitären Hilfe in Form von “Gaza”, dem 17-minütigen Albumopener, dessen Text so etwas wie eine Situationsbeschreibung aus den palästinensischen Flüchtlingscamps sein soll. Message: Krieg ist ganz schön scheiße. Bei so viel Gutmenschenpathos ziehen sich einem schon mal die Gedärme zusammen. Musikalisch bleibt festzustellen, dass sich der Überraschungsgehalt von Marillions Songs inzwischen durchaus dem von Reamonn nähert. Was ja ganz andere, momentan vakante Hörerschichten eröffnen dürfte. Viel Erfolg damit. Ich werde diese Platte auf der Stelle vergessen.
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Somewhere Else
VÖ: 13.04.2007