Mike Patton meinte zu Marr: “The music is okay, but the singer ruins it.” Das ist gemein und schlichtweg übertrieben – und doch muss man festhalten: An die schrille, ja fast kieksige Stimme von Jan Elbeshausen muss man sich erst gewöhnen. Und nicht nur an die: Auch die von dieser Stimme vollführten Melodie-Kapriolen und Querfeldein-Spaziergänge verlangen nach Eingewöhnung. Doch die Stimme ist nicht alles, und alles andere ist schlichtweg toll. Die Rhythmik: vertrackt, treibend, ausgefeilt. Die Musik: zwischen Sonic Youth, At The Drive-In, Britpop, Smiths und Sebadoh. Der Sound: ein wummerndes, voluminöses, auch mal schreiendes Indie-Gitarrengewitter, aber mal nicht geschrammelt, sondern fein ziseliert und zurecht getunt. Dank ist hier vor allem Dennis Becker geschuldet, neben Olli Koch der zweite Marr-Mensch, der sonst in Lohn und Brot bei Tomte steht. Davon hört man bei Marr nicht allzu viel – außer eben, dass die Gitarren ähnlich begeisternd klingen, blinken und plinkern. Doch der Rest ist härter, druckvoller und viel temporeicher. Dass die Musik – obwohl mit einem kunstvoll versteckten Hit-Faktor ausgerüstet – nicht beim ersten, auch nicht beim zweiten, sondern bei vielen wohl erst beim häufig wiederholten Durchlauf zünden dürfte, ist ein eindeutiger Vorteil. Denn so hat diese Platte, was viele schön und melancholisch klingende Alben vermissen lassen: echtes Grower-Potenzial. Kurz: Marr begeistern sehr. Zwar erst auf den zweiten Blick, dafür dann umso mehr.