So kommt es nun dazu, dass die vor dem vierten Album der Chicagoer veröffentlichte, hervorragende EP “Volcano Park” jünger ist als die Songs auf dem 2019 aufgenommenen “Malign Hex”. Über die zehn Songs der Platte spannt Sänger und Gitarrist Chris Sutter mit seinen bruchstückhaften Texten eine beklemmende Atmosphäre, die mit einem Würgen beginnt und damit endet, verflucht zu sein. Wer könnte das angesichts der derzeitigen Weltlage nicht nachvollziehen? Dazwischen loten Meat Wave aus, was ihre Songs bereits auf den Vorgängern ausmachte: griffige Melodien möglichst kratzbürstig und spröde zu verpacken. Selbst wenn sich die Drei diesmal mehr Overdubs erlaubt und nicht als oberste Prämisse ausgegeben haben, Songs zu schreiben, die sie zu dritt auf der Bühne jederzeit reproduzieren können, sind sie nach wie vor meilenweit davon entfernt, überproduziert zu klingen. Lieber haben sie dort weitergemacht, wo “The Incessant” erst der Anfang war: mehr Variation im Tempo, mehr Raum für Sutters verschachtelte und rätselhafte Lyrics, die sich immer wieder auf sich selbst beziehen, etwa wenn das “Ridiculous Car” aus dem gleichnamigen Song im Text der Single “What Would You Like Me To Do?” erneut auftaucht. Das als dritte Single ausgekoppelte Stück ist der zentrale Song des Albums. Es geht darin um Erwartungen, die man nicht erfüllen kann oder mag, weil sich die Voraussetzungen dafür geändert haben – nur weil etwas vor 30 Jahren richtig war, muss es heute nicht auch richtig sein. In “Honest Living” geht es um Ausbeutung und das Kopfschütteln, das Leute auslösen, die andere für sich schuften lassen und deren missliche Lage dafür ausnutzen, sie schlecht zu bezahlen: “I make an honest living/ It’s effortless/ Feeding the quo/ Paid me the least you could/ And I knew you would.” “Ridiculous Car” hingegen stellt das Primat des Autos in Frage und die Rücksichtslosigkeit, mit der viele ihren Frust bei einer Spritztour rauslassen – billigend in Kauf nehmend, andere dabei zu gefährden: “Bright orange/ Got a death wish weaving on the interstate/ Eat my fucking dust/ Ripping 90 without a care.” Der Tenor von “Malign Hex” ist bitter, der Opener “Disney” und der Titelsong am Ende schnüren einem die Kehle zu. Nur gut, dass die anderen acht Songs in ihrer zupackenden Art dafür sorgen, dass sich aller Hysterie zum Trotz etwas wie Katharsis einstellt, auch wenn es nur das Wissen darum ist, nicht allein zu sein.
weitere Platten
Volcano Park (EP)
VÖ: 11.06.2021
The Incessant
VÖ: 17.02.2017
Delusion Moon
VÖ: 18.09.2015
Brother (EP)
VÖ: 13.02.2015
Meat Wave
VÖ: 22.10.2012