Man sollte den Beitrag eines Produzenten zu einer Platte nie überschätzen, aber im Fall von “The Incessant” hat Steve Albini ganze Arbeit geleistet. In bekannter Manier hat er alles Überflüssige am Sound von Meat Wave abgeschnitten. Im Vergleich zum Vorgänger “Delusion Moon” ist hier alles zugleich differenzierter und direkter arrangiert. Alle Zwischentöne hat Albini ausgeblendet, stattdessen bricht roher Noise über bemerkenswert eingängige Schreipassagen herein, stampfen Gitarre, Bass und Schlagzeug mit enormer physischer Präsenz im Gleichschritt und schubsen einen von links nach recht, bis sie endlich die ganze aufgestaute Energie loswerden dürfen, etwa in “Bad Man”. Zusammen mit “No Light” bildet der Song den glänzenden Mittelteil dieses Albums und bringt textlich auf den Punkt, welche Dämonen Meat-Wave-Frontmann Chris Sutter plagen. Dazu muss man noch nicht einmal die Geschichte glauben, der 24-jährige Sutter hätte sich vor den Aufnahmen zum Album nach zwölf Jahren (sic!) von seiner Freundin getrennt. Es mag banal klingen, aber Trennungen tun immer weh, nach 40 Tagen, vier Monaten oder zwölf Jahren. Das Erstaunliche an “The Incessant” ist, dass sich Sutters Selbstvorwürfe in einer wahnsinnigen Wut und Lust an der kunstvollen (Selbst-)Zerstörung äußern und nicht in einem hängenden Kopf – das macht ihn sympathisch. Gerade in “No Light” hält die Band perfekt die Balance zwischen kontrolliertem Ausbruch und Melancholie. Auf den Song folgt mit “Glass Teeth” gleich der nächste Hit, in dem das Stakkato eines Klaviers den Puls nach oben treibt, bevor “The Incessant” endgültig die große Kraft und Aufmüpfigkeit der Platte auf den Punkt bringt: Sutter steckt seine ganze Verachtung gegen sich selbst in die beiden Worte “The Incessant”, die bei ihm auch “the assassin” heißen könnten: “The incessant/ Payment’s due/ The incessant/ The feeling’s moved/ The incessant/ What anxious doom/ The incessant/ Coming for you”. Nachdem sich das Album mit dem 49 Sekunden langen “Mask” fast komplett in der Raserei verliert, ziehen Meat Wave noch schnell zwei Sicherheitsnetze ein. Die Quasi-Ballade “Bird Land”, ein bedächtiges Luftholen für den finalen Abgesang: “Killing The Incessant”. Der startet zunächst als brachiales, fast formloses Noisegewitter, entwickelt sich im Mittelteil zur Reprise des Titelsongs und endet akustisch. Danach ist man entweder geläutert, oder will das Ganze noch einmal von vorne.
weitere Platten
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VÖ: 22.10.2012