Wenn man wie Mica Levi alias Micachu in einer Musikerfamilie aufwächst, erst Geige, dann Bratsche und schließlich Komposition lernt, gehört wohl zum guten Ton, mit 20 Jahren ein komplettes Orchesterwerk für die Londoner Philharmoniker zu schreiben. Auf ihrem zweiten Album verbindet Micachu jedenfalls ihre klassischen Wurzeln mit ihrer Vorliebe für elektronische Klänge und erschafft dabei einen nicht nur neuen, sondern auch höchst innovativen und sehr avantgardistischen Sound. Der erste Ton des Openers “State Of New York” entstammt einer singenden Säge, die einen beinahe den letzten Nerv raubt. Streicher folgen, dann auch Schlaginstrumente. Die Musik baut sich auf, wird lauter, mächtiger – dann setzt Micachus sphärischer, verzerrter Gesang ein, der bei “Low Dogg” so klingt, als würden ihre Stimmbänder jeden Moment reißen. Die dissonanten Klänge vermischt mit einem beängstigen Bass erledigen ein Übriges. Auch der Song “Medicine Drank” bleibt mit seinen kirchenchorartigen Background-Bläsern im Ohr. Inspiriert von der HipHop-Remix-Technik Chopping & Screwing experimentiert Micachu mit dem Tempo, lässt Beats aus und streut zwischendurch Samples ein. Das ist keine leichte Kost für Nebenbei, sondern Musik, auf die man sich in einem guten Moment einlassen muss. Und auch dann wird sie nicht jedem schmecken. Anderen wird “Chopped & Screwed” Gänsehaut bereiten – und ins Stauen bringen, wie erfrischend Kammerpop klingen kann.