Mica Levi alias Micachu ist eine dieser beneidenswerten Personen, für die die Welt voller Musik ist, die aus allem Musik macht. Oder aus dem, was sie als Musik empfindet. Den Konventionen ihrer klassischen Ausbildung hat sich die Klangkünstlerin erfolgreich entledigt. Tonarten, Metrum – wozu? Warum Gitarre spielen, wenn man ein neues Instrument zusammenzimmern, auf Flaschen herumklöppeln oder einen Staubsauger anschmeißen kann? Und wenn man Gitarre spielt, dann doch bitte nicht, ohne sie vorher umzustimmen, ihr einen Gegenstand zwischen die Saiten zu schieben und die Klänge danach durch ein Effektgerät zu jagen. Am Ende weiß der Hörer nicht mehr, wo hinten und vorne ist. Er vernimmt Rattern, Scheppern, Wabern, Dröhnen. Melodien? Ja, die gibt es auch. Doch sind sie von der repetitiven Sorte, werden fast ausschließlich von der oft verfremdeten Stimme Micachus getragen. Manchmal leiern sie wie eine zu langsam abgespielte Schallplatte. Dann wieder legen die Beats ein hektisches Clubtempo vor, ohne irgendjemanden zum Tanzen einzuladen. Von dem verschrobenen Indie-Disco-Appeal, der auf dem Debüt “Jewellery” noch vereinzelt aufblitzte, ist auf “Never” vor allem die Verschrobenheit geblieben. Man möchte den Hut vor dem unermüdlichen Entdeckergeist Micachus und ihrer Mitstreiter The Shapes ziehen. Doch man wird auch das Gefühl nicht los, dass die drei Kreativköpfe die falsche Plattform gewählt haben. Ihre widerspenstigen Soundbites würden sich gut als Klanginstallation in einer Galerie machen. Sie faszinieren, sind für den Alltagsgebrauch aber nur bedingt geeignet.
weitere Platten
Chopped & Screwed
VÖ: 04.03.2011
Jewellery
VÖ: 27.03.2009