Michael J. Sheehy
Ghost On The Motorway
Text: Wolfgang Kienast
Lang ist es her, aber es gab eine Zeit, da wurden Wettrennen veranstaltet zwischen Reitern und Loks, Fahrrädern und ersten Automobilen. Der Parcours, über den der senseschwingende Geist auf Sheehys Albumcover galoppiert, sieht auch nicht so aus, als wären bereits mehrfach motorisierte Fahrzeuge über ihn hinweg gebrettert. Ein schönes Bild, die altertümlich düstre Stimmung zu illustrieren, die der Gründer der längst verblichenen Mitt-90er-Band Dream City Film Club mit seinem ersten Soloalbum seit fünf Jahren verbreitet. Banjo, Mandoline, Violine, Slideguitar und eine singende Säge unterfüttern die Atmosphäre. Tief wühlt Sheehy sich in die Musikgeschichte der Vereinigten Staaten, gräbt nach Wurzeln von Blues, Gospel und Folk, und man sorgt sich, ob da nicht mehr als nur die Fingernägel schwarz geworden und gebrochen sind. An Leonard Cohen erinnert das und an Tom Waits, dem er manchmal gesanglich so nah kommt, dass es schmerzt. Ob Sheehy das darf, fragt man sich und erteilt schließlich die Absolution, weil “Ghost On The Motorway” nach allem klingt, nur nicht nach Berechnung oder Kalkül.