Die Diskrepanz zwischen den Texten des Sängers aus San Francisco und seinen Liedern auf “MCII” könnte nicht größer sein: Alles, was Cronin singt, lässt sich zu einem großen entschiedenen Vielleicht zusammenfassen, seine Songs aber sind so effektiv geschrieben und effektvoll arrangiert, dass ihre Entschlossenheit selbst risikoscheue Radio-DJs überzeugen könnte. Cronins abgeschlossene Komponisten-Ausbildung ist ein Faktor auf “MCII”, man kann sich vorstellen, dass er nur ein paar Handgriffe gebraucht hätte, um Stücke wie das überdrehte “Im Done Running From You” als Auftragsautor für noch erfolgreichere Künstler noch zugänglicher hinzukriegen. Der Endzwanziger erinnert sich aber lieber an sein Garagenrock-Doppelleben, tritt im richtigen Moment aufs Fuzz-Pedal und holt Segal für zwei Gitarrensolos dazu. Dessen Einfluss ist ohnehin allgegenwärtig: Cronin hat “MCII” nicht nur im gleichen kalifornischen Studio aufgenommen, in dem “Twins”, die letzte der drei Platten entstanden ist, mit denen Segall im vergangenen Jahr seinen Durchbruch erzwungen hat. Es lebt auch von einer ähnlichen Balance zwischen Popgefühl und Gewaltausbruch. “Dont Let Me Go” endet nach dreieinhalb Minuten als unberührte Schlafzimmer-Aufnahme, “Piano Mantra” hängt noch eine verzerrte Extraminute dran, endgültig klingen beide Songs. Dass Cronin dazu singt, als könnte er keine Entscheidung alleine treffen, lässt auf einen Künstler schließen, dem wenig leicht fällt außer der eigenen Musik. Gut für uns, schlecht für seinen Steuerberater.
8/12 daniel gerhardt