Mike Patton
The Solitude Of Prime Numbers
Text: Dennis Drögemüller
Erst 2010 vertonte der italienisch sprechende Patton mit “Mondo Cane” Dolce-Vita-Schlager der 50er und 60er. Für Filmscores hatte der Musiker sowieso immer eine Menge übrig, sie ziehen sich von seinen Adaptionen für “Fantômas The Directors Cut” über die Kollaboration mit dem Norweger John Erik Kaada bis zu den Soundtracks für die beiden Filme “A Perfect Place” und “Crank 2: High Voltage” durch seine Arbeit. Seinen dritten Score hat Patton nun für die Verfilmung des Paolo-Giordano-Romans “Die Einsamkeit der Primzahlen” komponiert. Die Beziehung von dessen Hauptfiguren gleicht der von Primzahlzwillingen wie 17 und 19: Sie sind einander nah, aber doch immer durch etwas getrennt. Patton fängt dieses Motiv auch strukturell-dramaturgisch ein: Die 16 Stücke sind den ersten 16 Primzahlen von 2 bis 53 zugeordnet, die Nummern dazwischen füllen 4-sekündige Pausen – die Platte wagt also Stille. Die Musik brilliert mit einem packenden Spannungsbogen: Vom einleitenden “Twin Primes” an, bei dem Patton im ersten von insgesamt zwei Songs wenige Töne singt, hängt über den zart-glücklichen Melodien immer eine böse Vorahnung. Stücke wie “Identity Matrix” lehnen sich an den Amélie-Soundtrack an und tragen dabei tief im Herzen die Fantômas-Eskalation. Karnevalsmusik, Horror-Atmo, weite Ambient-Passagen, orchestrale Filmtapeten und düstere Synthesizer verdichten sich so zu einer soghaften musikalischen Reise – die einen spätestens mit der blubbernden Synthie-Coda von “Weight Of Circumstances (Quod Erat Demonstrandum)” die Mischung aus Nähe und Einsamkeit von Giordanos Figuren selbst spüren lässt.
weitere Platten
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