Mountaineer (D)
When The Air Is Bright They Shine

Dieses Schreiben beim Reisen ist verrückt. Gerade eben noch funkelte ein herbstliches Berlin in goldenen Sonnenstrahlen. Jetzt sitze ich im ICE, nähere mich Hamburg, und vor etwa zehn Kilometern ging plötzlich die Farbe unter. Grauer Himmel, neblige Schlieren auf den Feldern, alle kräftigen Töne rausgesogen. Alles wie fast immer also, der Hansestädter ist’s gewohnt. Derweil laufen Mountaineer auf Repeat-Funktion, eben noch als liebevolles kleines Stimmungsbarometer zu strahlendem Licht, jetzt als tröstender Soundtrack zum Ritt ins Grau. Das Erstaunliche: Beides kommt hin und ergibt irre Sinn. Es ist diese vollkommene Natürlichkeit und gewaltige Balance der Stimmungen und Stimmen, der Songs und Instrumente, die Mountaineer irgendwie immer gerade richtig sein lassen. Ihr drittes Album ist eine hinreißende Hochzeit aus Bossa Nova, Folk, Country und Lounge Jazz, bei der jeder einzelne kleine Ton an den rechten Fleck fällt und dort liegenbleibt. Dazu singt Henning Wandhoff wie ein Leonard Cohen im Jungbrunnen über das Zurücklassen, Ver- und Entlieben oder laue Sommerlüftchen, ständig geprägt von einem herzlichen Optimismus, gleichsam die textliche Entsprechung zur allgemeinen Grundstimmung, die das schöne, milde Album vermittelt. Wer hätte das gedacht. Die bislang ärgste Konkurrenz für Kings of Convenience kommt tatsächlich aus Hamburg.