Der Mann hat sich die Seele aus dem Leib geschrieben. Zwei Mal. Zuerst mit “No Wish To Reminisce”, seiner ersten Soloplatte seit 2001. Und dann noch mal mit einem vierseitigen Brief, der dem Album beiliegt und weit über eine gewöhnliche Pressemitteilung hinausgeht. Casal lässt uns wissen, dass in den letzten Jahren sehr viele seiner Freunde gestorben seien und “No Wish To Reminisce” deshalb das Leben feiere. Es sollte ein Gospel-Album werden, eine Soul-Platte, aber trotzdem immer Rock’n’Roll bleiben. Er wollte sich lösen von Akustikgitarre und Folksongs, jeden Zentimeter Tonband bespielen, den er zur Verfügung hatte und von der Sitar übers Cembalo bis zu großzügigen Phil-Spector-Streichern alle Instrumente ausprobieren, die er auftreiben konnte. Und er hat im Studio gelebt für dieses Album, nicht im übertragenen Sinne, sondern mit Pritsche und Schlafsack, mehrere Monate lang. Man erwartet einen mächtigen Befreiungsschlag, wenn man all das gelesen hat, ein spätes Meisterwerk vom 37-Jährigen, dessen Platten seit zehn Jahren wie große Versprechen klingen, die er nie einlösen konnte. Aber tatsächlich machen einen die bodenhaftenden, ganz und gar unspektakulären Songs von “No Wish To Reminisce” auch nicht mehr schlauer. Tatsächlich steht in diesem Brief schon alles, was es über das Album zu wissen gibt.
weitere Platten
Sweeten The Distance
VÖ: 11.11.2011