Dabei wäre es für den Londoner indischer Abstammung sicher ein Leichtes, die von Punjabi MC und Konsorten geöffneten Türen einzurennen und einen Charts-kompatiblen Knaller zu landen. Dass sich klassische indische Musik mit Dance-, HipHop-, Latin- und etlichen weiteren Genres koppeln lässt, hat Sawhney schließlich schon mehr als einmal bewiesen – und tut es auf “Human”, seinem sechsten Studioalbum erneut. Nur eben nicht auf die spektakulär-anbiedernde Art. Sawhneys Songs, die von ausgewählten Gastmusikern und Sängern aufgewertet werden, sind durchdacht, tiefgängig und komplex genug, um das Adejktiv anspruchsvoll zu tragen, verlieren aber dank einer gewissen Leichtfüßigkeit und Nachvollziehbarkeit nie den Pop-Kontext aus den Augen. Der verhaltene Schmiss des Openers “River” überzeugt ebenso wie “Eastern Eyes”, dessen souliges Anfangsflair von einem housigen Beat abgelöst wird. Das getragene “Falling” entwickelt ohne Aufdringlichkeit eine enorme Präsenz, “Fragile Wind” erinnert mit dem zirpenden Gesang von Tina Grace und tiefer Bass-Frequenz an Massive Attacks “Teardrop”, der zwingende Beat von “Raag” schiebt einen quasi auf die Tanzfläche. Jedermanns Sache wird “Human” dennoch nicht sein: die aufwändige Produktion lässt das Album fast schon zu geschmeidig-mainstreamig wirken, und einige World Music-Passagen – wie das Greinen des bengalischen Sängers Jayanta Bose im balladesken “Say Hello” – tun nicht ganz so weltoffenen Ohren schon mal weh. Respekt für ein so rundes wie ungewöhnliches Stück erwachsener Pop-Musik gebührt Sawhney aber in jedem Fall.
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Human
VÖ: 14.07.2003