Denn Bandkopf Fat Mike ist zuvorderst ein Clown, wie er in “Don’t Count On Me” unumwunden zugibt. Außerdem unzuverlässig, hilflos egozentrisch, verlässlich allein in der Unzuverlässigkeit und als Naturtalent ganz vorne dabei, wenn es darum geht, alles, was Leichtigkeit und Glück verheißt, für sich und andere zu vermasseln. Vor allem aber ist der Punkrock-Entrepreneur, Labelboss, BDSM-Connaisseur, Sänger und Multiinstrumentalist ein Meister der Koketterie und des selbstironischen Humors, dem zufolge es überlebenswichtig sei, über alles lachen zu können, in erster Linie über sich selbst. So wird selbst sein harter Drogenentzug in “Fuck Day Six” zum in einen archetypischen NOFX-Smasher gegossenen Witz, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt, aber die Pogo-Schuhe jucken. “Alcopollack” dreht die Schmerzschraube noch weiter, beschreibt schonungslos die Alkoholprobleme des NOFX-Bookingagenten David Pollack und zerrt das ganze Elend in jenen Sonnenschein, der noch den grimmigsten Song dieser Band durchdringt. Wer ein Schlüsselstück auf diesem Album sucht, beweist selbst Humor, denn NOFX haben nie etwas anderes als musikalische Selbstporträts veröffentlicht. Dessen ungeachtet ist es wohl das ursprünglich für Blink-182 geschriebene “Punk Rock Cliché”, das den todesverachtenden und dabei zutiefst lebenshungrigen Spirit am besten einfängt, mit dem Fat Mike, das Gitarrenduo El Hefe und Eric Melvin sowie Drummer Erik Sandin seit Ewigkeiten die Welle des Exzesses surfen: Die ganze Scheiße, die man so baut, einfach mal ausbreiten und die Punchline darin suchen, ein paar Akkorde drunter, dann das Tempo anziehen und fertig ist der Hit für die Zielgruppe. Die wahrscheinlich insgeheim auf ein Comeback mit dem bereits angekündigten “Half Album” hofft, auf dem sich die restlichen fünf Songs der Aufnahmesession finden sollen. Was in der Summe also ein fünfseitiges Album ergibt, das aber genau genommen gerade mal zweieinhalb Seiten plus Etching hat, falls hier noch jemand mitkommt. Zumindest entspräche das genau dem Humor jenes Mannes, der es vermag, mit “Is It Too Soon If Time Is Relative” einen Song um einen Flachwitz über Stephen Hawking herum zu schreiben, der angeblich so faul war, dass er nur eine Kurze Geschichte der Zeit schrieb. Tolle Nummer, aber wenn hier mal nicht das Karmakonto endgültig in den Dispo rutscht. Adieu, geliebte Rabauken und Blamagenkönige. Und bis bald.
weitere Platten
Half Album
VÖ: 19.04.2024
Single Album
VÖ: 26.02.2021
West Coast Vs. Wessex (Split-LP mit Frank Turner)
VÖ: 31.07.2020
Ribbed - Live In A Dive
VÖ: 03.08.2018
First Ditch Effort
VÖ: 07.10.2016
Backstage Passport Soundtrack
VÖ: 12.12.2014
Stoke Extinguisher (EP)
VÖ: 26.11.2013
Self Entitled
VÖ: 14.09.2012
Cokie The Clown (EP)
VÖ: 24.11.2009
Coaster
VÖ: 24.04.2009
Wolves in Wolves Clothing
VÖ: 14.04.2006
Never Trust A Hippy (EP)
VÖ: 10.03.2006