Noise By Numbers stammen aus Chicago und bestehen aus (ehemaligen) Mitgliedern von Screeching Weasel, All Eyes West und Textbook. Mit “Over Leavitt” veröffentlichen sie ein Album voll melodischem Poppunk, das einerseits sehr eingängig ist, andererseits trotzdem mehrere Anläufe braucht, um Herz und Hirn zu überzeugen. Denn “Over Leavitt” wird von einem Merkmal dominiert, das die Lager spalten wird: Sänger Dan Schafers Vorliebe für ausgedehnte und in die Länge gezogene Gesangslinien. Das mag der eine absolut super finden, andere könnten es auf Albumlänge als sehr schleppend empfinden und irgendwann genervt abschalten. Bereits im Opener “A Song For Emily” fällt das sehr auf und gibt die Richtung und Stimmung für den Rest des Albums vor. Noise By Numbers entfalten dabei so etwas wie eine Art atmosphärische Melancholie. Und zwar der Sorte, bei der man sich gut vorstellen könnte, “Over Leavitt” in den CD-Player im Cabrio zu schieben, das Verdeck herunterzulassen und nach einem schweren Tag in die Abenddämmerung hineinzufahren. Besonders praktisch sind da die beiden Lieder, die von einer Akustikgitarre begleitet werden. Das Titelstück erinnert an Sundowner, mit “Swarm Of Flies” freut man sich jetzt schon auf das Bier beim ersten Barbecue des nächsten Sommers, auch wenn der Text dazu eine völlig andere Sprache spricht. Nicht nur hier sollte man genauer hinhören – erst wenn man den faden Ersteindruck überwindet und “Over Leavitt” weitere Chancen gibt, kann es sich mit jedem Durchlauf mehr entfalten. Nach und nach offenbaren sich kleine, große verliebte Hymnen. Man muss sie nur lassen.