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    Northern State
    Can I Keep This Pen?

    VÖ: 31.08.2007 | Label: Ipecac/Soulfood

    4-Ohren-Test

    Stöpsel aus den Ohren, hier kommt ein Kopfhöreralbum für Stilisten. Eins, das man sich fett um den Hals hängt, wenn man es gerade nicht aufhat. Oder man trägt es gleich auf der Schulter über heiße Hinterhöfe, wo die schlausten Menschen der Welt Rollschuhpartys feiern und dazu Trash-TV gucken. Northern State sind endlich weg vom Major und mit ihrer neuen Platte bei Mike Pattons Ipecac untergekommen, wo man Genreregeln zum Frühstück isst und mit Chuck Brody und Beastie Boy Ad Rock die passenden Produzenten am Tisch hatte. “Can I Keep This Pen?” ist HipHop an seinem smartesten Ferientag, Ausflüge in Elektro, Rock und Pop inbegriffen. Geschubst von guten Beats rappen sich Spero, Sprout und Hesta Prynn aufs New Yorkerischste durch fies gute Zeilen von hochpolitisch bis herzhaft sinnfrei, von zungenbrecherischem Fremdvokabular bis Paris Hilton, singen mehr als früher und lassen im richtigen Moment die Gitarren übernehmen. “Cowboy Man” widmet sich unpeinlich cool dem Präsidenten. An anderer Stelle werden die Demokraten aufgefordert, “now that we‘ve got some real candidates”, bei der nächsten Wahl doch bitte aus dem Quark zu kommen, und Bush-Wähler “Sucka Mofo” bekommt clever hüpfend seinen “pro-life sticker like the choice is yours” vorgehalten. Northern State trifft man auf der guten Seite, “at the ice-cream social just having a ball” oder schlicht zu Hause. “We don‘t have to leave the living-room to have a good time.” Wir jetzt auch nicht mehr.
    Britta Helm 10

    Man könnte es kurz machen und sagen: Drei weiße Mädchen versuchen sich als die Salt’n’Pepa des neuen Jahrtausends, das aber schlecht. Ergänzen wir noch: Sie leben in New York, kennen Ad Rock von den Beastie Boys und haben sich davon inspirieren lassen. Die Beasties hatten schon immer ein Faible für rappende Frauen; man erinnere sich nur an die ausgezeichneten Luscious Jackson. DAS war noch eine echt coole Rap-Frauen-Band. Und dann gab’s da Ende des Jahrtausends noch Brassy, ein junges Ding, das knackigen Elektro-Rock mit patzigen Wilde-Mädchen-Raps verband. Auch bei Nothern State treffen sich Elektro, Rock, Pop und Sprechgesang. Ihr Output ist jedoch von einer solchen Hau-den-Lukas-Mentalität, dass es nur nervt, aufgepimpt durch peinliche Zitate aus der HipHop-History. Das wäre soweit alles nicht schlimm, sondern vor allem egal – wenn nicht zu befürchten stünde, dass sie den Nerv der globalen Hipster treffen und somit ungerechtfertigterweise ein trendiges Szene-Thema werden. Ungerechtfertigt deshalb, weil das gesamte Album Effekthascherei betreibt: Da ist kein Beat, kein Sound, kein Rap, der nicht nach drei Mal geklaut, zwei Mal wiedergekäut und dann auch noch schlecht dahin erzählt klänge. Von gutem Reimflow haben die drei Damen jedenfalls noch nichts gehört – oder sie ignorieren ihn vorsätzlich, weil das eine absurde Form von Coolness demonstriert. Cool ist das hier jedenfalls nur dann, wenn man Tütensuppen für Haute Cuisine und die Neonröhre für den Inbegriff von Gemütlichkeit hält.
    Sascha Krüger 4